Beitrittskandidaten: Große Stolpersteine für Türkei und Kroatien

Zypern will einem EU-Beitritt der Türkei nur zustimmen, wenn es von Ankara anerkannt wird.

Brüssel. Am 17. Dezember soll der Startschuss für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Kroatien erfolgen. Doch die Unsicherheit über den Ausgang der Entscheidung der europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel wächst.

Ankara sieht sich in einigen Ländern mit einer steigenden Skepsis gegen seinen Vollbeitritt konfrontiert. Zudem fordert Zypern die Anerkennung des griechischen Teils der Mittelmeerinsel durch die Türkei und den Abzug des rund 35.000 Mann starken türkischen Truppenkontingents vom Nordteil der geteilten Insel. Sollte diese Bedingung bis zum 17. Dezember nicht erfüllt werden, droht Regierungschef Tassos Papadopoulos mit einem Nein zum Verhandlungsstart.

Parallel dazu steigt der Druck, Alternativen zur Mitgliedschaft zu suchen. Insbesondere aus Frankreich, Österreich und abgeschwächt den Niederlanden kommt laut Diplomaten die Forderung nach neuen Optionen, wobei sich das Konzept der deutschen Unionsparteien zur "privilegierten Partnerschaft" aufdrängt. Wie berichtet, erhofft sich CDU-Chefin Angela Merkel bei diesem Anliegen Schützenhilfe von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der von der Europäischen Volkspartei (EVP) zum Koordinator in der Türkei-Frage bestellt wurde.

Da die Befürworter einer Vollmitgliedschaft Ankaras in der Europäischen Union in der Mehrheit sind, gilt es zwar als unwahrscheinlich, dass die privilegierte Partnerschaft im Gipfel-Beschluss enthalten sein wird. Ein versteckter Hinweis darauf könne sich aber ausgehen, heißt es in Brüssel.

Die für den Textvorschlag verantwortliche niederländische EU-Präsidentschaft bezeichnete die möglichen Szenarien als "Spekulation". In Diplomatenkreisen wird allerdings darauf verwiesen, dass die jüngsten Konflikte nach der Ermordung des Islam-kritischen Regisseurs Theo van Gogh Den Haag in der Türkei-Frage beeinflussen könnten.

Überdies ist Paris in den letzten Wochen durch äußerst skeptische Aussagen zur Aufnahme Ankaras in die Union aufgefallen. Präsident Jacques Chirac hat erst kürzlich von einer "dritten Hypothese" gesprochen: Sollte man in drei, vier Jahren feststellen, dass man die Hürden für eine Vollmitgliedschaft nicht nehmen könne, sollte ein Alternativszenario vorliegen. Er reagiert damit auf den zunehmenden Druck seitens der regierenden konservativen Partei UMP, deren künftiger Chef, Finanzminister Nicolas Sarkozy, ebenfalls das Konzept der Privilegierten Partnerschaft vertritt.

Im Falle Zagrebs stellt die nach wie vor nicht erfolgte Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ante Gotovina das Haupthindernis für den Beginn des Aufnahmeprozesses dar. Carla del Ponte, Chefanklägerin des Internationalen Kriegsverbrechertribunals, soll Zagreb laut Medienberichten mangelnde Kooperation mit der UN-Einrichtung vorwerfen. Die volle Zusammenarbeit mit dem Tribunal wurde von der EU zur Bedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gemacht.

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