Die Testerinnen: Feierabend

(c) Teresa Zoetl
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Feierabend auf der Bäckermeile.

(c) Teresa Zoetl

Nach dem Café-Restaurant Rudolf Ölz (Motto „Backen wie früher“), dem Felber-bäckt-selbst-Wohnzimmer, dem Schickimickitreff Joseph jetzt also auch Ströcks Feierabend auf der Landstraßer Hauptstraße. Außer dem Ströck-Logo gleicht hier nichts einer Massenbäckerei. Das Feierabend wirkt eher wie aus dem Trendseminar entsprungen. Gurkengläser als Lampen, kreativ beschriftete Schiefertafel, Rexgläser als Besteckhalter, eine Liste aller Biobauernfreunde und natürlich die Codewörter „Herkunft“, „Qualität“, „Saison“ als Reißer für Lohas, Bobos, Parkos, Bioheme oder wie die Wunschzielgruppe sonst gerade heißt. Ungeplant, aber sympathisch: Die Grätzelpensionisten stürmen es trotzdem. Drinnen trägt das Personal Dressen der Lady-Gaga-geadelten Modedesignerin Marina
Hoermanseder, an den Wänden hängen Grafiken der jungen Maïté Kalita, Silicium Porzellan hat das Geschirr gefertigt. Hinter dem überstrebsamen Konzept steckt ein Quintett: Christoph Ströck als Sommelier, was dem Feierabend eine fair kalkulierte, rein österreichische Weinkarte beschert, sein Bruder Philipp als amtierender Bäckermeister, Patissier Pierre Reboul und Bio-Fairtrade-Kaffeeröster Oliver Götz vom Alt Wien; und wenn Österreich um 16 Uhr Feierabend macht, beginnt Christopher Schramek seinen Dienst. Ab dann schickt er vor allem Gesundes aus der Küche: Geschmorte Ochsenherzkarotte auf fluffiger Karfiolcreme mit einem sehr linden Quinoa-Berglinsen-Taboulé. Vegan, eh klar. Ganz im Gegensatz zu den Feierabendwürsteln und der Brettljause vom letzten Wiener selbst schlachtenden Fleischer Hödl. Von ihm kommt auch das in Buttermilch und Gewürzmehl gebackene Biowildhuhn, das zuvor mit Zitrone und Petersilie mariniert sein soll, was man leider nicht schmeckt. Als Retrobeilage: zu trockenes Risi-Pisi. Oma Erikas Eintopf wurde ein bisschen auffrisiert, kommt doch die Tomatensauce von den Paprika getrennt. Zusammen fühlt sich’s aber wieder heimelig an. Das Beef Tatar mit getoastetem Brot könnte grober gehackt sein. Der leicht süßliche Geschmack durch das Paprikachutney ist sicher nicht jedermanns Sache. Meine schon. Wie der Affogato, das von heißem Espresso „ertränkte“ Vanilleis. Spindeldürr liegt dieser Tage ja nicht im Trend.

Tipp

Feierabend, Landstraßer Hauptstr. 82, 1030 Wien, Tel.: 01/204 39 99-930 57, Mo–Fr: 16–24, Sa, So: 7–24 h.

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