Die Testerinnen: Alto

(c) Stanislav Jenis
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Geschüttelt und ungerührt.

(c) Stanislav Jenis

Nerven wie Seilbahnstahl muss man hier haben. Und man sollte zuvor keine allzu überschwänglichen Restaurantkritiken gelesen haben (lesen Sie also ruhig weiter). Dann trifft einen die Ernüchterung nicht so hart in der neuen Trattoria Alto, an einer Adresse, über die in den vergangenen Jahren wohl mehr geschrieben wurde als über den Heumarkt 2A (na gut, übertrieben). Der Witz ist das dauernde Wechseln von Betreibern und Lokalnamen, La Voglia, La Grappa, O’Vito, Oweia. Dabei ist die ehemalige Waldschnepfe in Dornbach bautechnisch eine wirklich pittoreske Angelegenheit mit Laube davor und Gewölbe drinnen. Jetzt soll nach einem Edelitaliener, einem Edelitaliener und einem Edelitaliener endlich ein Edelitaliener diese launische Location fruchtbar machen. Das hat sich der neue Betreiber (Café Français, Francesco in Grinzing) so ausgedacht, der meine Facebook-Timeline gehackt haben muss; seit Eröffnung alles voll Alto-Werbefotos mit Hochalpinidyllen und tiefst dekolletierten Jungbäuerinnen, die an Schlutzkrapfen zuzeln, also ich weiß nicht . . . Ich weiß auch nicht, ob ich als Restaurantbesitzer die Online-Jubelkritiken posten würde, die eins zu eins die eigene Presseaussendung abgeschrieben haben. Dafür ist dann vor Ort alles recht nüchtern, in allen Belangen, vor allem ist es der Nebensaal, in dem anscheinend die Familien mit Kleinkindern geparkt werden. Immerhin, ja, es gibt Kinderpizza mit Mais. Die Rache an uns, die wir so etwas bestellen, lautet Schüttelbrot mit süßem Rotkrautaufstrich. Und Schüttel-Pizzabrot. Angeblich der neueste Schrei aus den Dolomiten. Heißt schwerer Roggenteig, belegt mit dem halben Antipastiteller, also Lardo und Graukäse zum Beispiel (13 Euro). Deftig. Dass angeblich Meinrad Neunkirchner (ehemals Freyenstein) die Karte mitgestaltet haben soll, legt unserer Tischseilschaft kollektiv die Stirn in Falten. Okay, bei den Zutaten wurde eindeutig auf Qualität geachtet. Bei der Weinkarte auch, keine Ahnung, ich trinke nicht zu Mittag. Biorind mit Schupfnudeln und Rotweinthymiansauce war bestens. Aber auch – üppig. Wie die Knödeltrilogie mit Champignonsauce. Apfel-Karamell-Schmarren. Da wird man so träge wie das Service. Vielleicht hätten wir einfach nur so lang sitzen bleiben sollen, bis der Nächste hier aufmacht.

Tipp

Alto – Südtiroler Trattoria, Dornbacher Str. 88, 1170 Wien, Tel.: 01/4804800, Mo–Fr, 17–24, Sa–So, 11–24 h

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