Die Testerinnen: Blue Mustard

(c) Christine Pichler
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Spitzbogen und Spitzenküche.

(c) Christine Pichler

Man staunt, man staunt. Zuerst über den Retrowohnwagen, den man in der Dorotheergasse nicht erwartet hätte. Hier, im Freiluftfoyer des jüngst eröffneten Blue Mustard, gibt es untertags nahöstliche Alternativen zu Burgern und Tacos. Drinnen geht es mit dem Staunen weiter. Ein Architekt aus Dubai hat hier dem Stephansdom ein Denkmal errichtet, indem er unerschrocken mit Spitzbogenzitaten hantierte. Nachdem Lokalbesitzer Vahe Hovaguimian mit Lichtdesign zu tun hat, setzte man Bögen mit einer Lichtinstallation in Bewegung, leuchten unzählige Glühfadenbirnen. „Gefällt es Ihnen?“, unterbricht ein Kellner den umherschweifenden Blick. Darf man noch kurz überlegen? Nicht überlegen muss man, wenn sich diese Frage auf das Essen bezieht – Staunen, Klappe, die dritte. Auch wenn man Alexander Mayers Küche kennt, aus Stationen wie Vincent, Martin, Diverso (bei der Chronologie kommt man bei diesem Koch leicht ins Schlingern), wird man staunen. Allein über die unfassbare Präzision, mit der er abschmeckt, die sich bei ihm aber immer völlig untechnoid gibt. Gerichte wie das Pistou froid mit Mara-de-Bois-Erdbeeren, dazu Bulgurkuchen, haben Geniecharakter, das hat man im Blut oder lässt es lieber. Sosehr sich auch eine mieselsüchtige Person bemühen würde, Mayer bei dieser Gazpachovariante einer vorschmeckenden Zutat zu überführen, sie würde scheitern. Die Aromen tänzeln miteinander, bleiben ungreifbar und gleichzeitig hochgradig präsent, die seidige Konsistenz steht ihnen nicht im Weg. Mayer bietet drei kosmopolitische Viergang-Menüs zum Kampfpreis, man kann sich aber auch blind quer ein Menü zusammenstellen lassen. „From Vienna to Napoli“ (45 €) sieht etwa Mayers Not-to-miss-Backfisch mit Remoulade vor, der immer schon eine weite Anreise gelohnt hat, besser geht’s nicht. Oder Schweinsba¬ckerln in einem Stosuppenfond mit Schnitt¬lauch¬öl, winzigem Grammelknödel und ebensolchem Kohlrabi. Die Reise „From New York to Yucatan“ (54 €) dürfte Mayer schon öfter gemacht haben, so sicher bewegt er sich zwischen den mexikanischen Aromen zum Hummer. Und mit seinem French Toast rittert er um den Titel Weltbestes Dessert: hausgemachte Brioche Nanterre, in Eiermilch pochiert, zu großen Würfeln mit papierdünner Knusperkruste gebraten, dazu Whiskyeis. So geht das.

Tipp

Blue Mustard, Dorotheerg. 6–8, 1010. Tel: 01/9346705, Mo–Do, 18–23 h Küche, Fr–Sa, 18–24, Bar bis 2 bzw. 4

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