Die Testerinnen: Steinthal

Ladies who lunch (not). Im neuen ehemaligen Vesely.

Alles im Umbruch diesen Herbst. Gierig darauf, endlich ins neue Wiener Künstlerbeisl Vesely zu kommen, habe sogar ich alle Prinzipien über Bord geworfen und ging abendessen. Was kann ich dafür, wenn das Lokal vom alten V.esch-Betreiber nur abends aufsperrt? Immerhin waren wir früh dran, ich musste auf eine Vernissage, die Kuratorin auf eine Preisverleihung. Kein Problem, wir waren schnell fertig. Erstens waren wir die einzigen. Zweitens kam das Essen echt schnell, es gibt hier Gemüse- und Fischgerichte, alles ziemlich mild gewürzt, schick ich mal voraus. Drittens waren wir irgendwie enttäuscht von der fehlenden, ja, „Aura“. Das Anzengruber kriegt keine Konkurrenz – Martin Vesely, der namengebende Künstler und Off-Space-Pionier im Betreiber-Trio, ist schon ein paar Tage nach Eröffnung wieder raus, hört man, es gab Auffassungsunterschiede zwischen dem Künstler und den zwei Köchen. Gastro blieb, Konzept ging. Was einigermaßen absurd ist, steht doch der Name des Künstler noch groß auf dem Schild draußen. Was sich, erklärt man drinnen, demnächst schon ändern werde, der Online-Auftritt ist schon auf „Steinthal“ geändert, die von Vesely entworfenen coolen zarten, weißen Stahlrohr-Holz-Möbel seien nicht praktikabel und werden demnächst durch „Vollholzmöbel“ ersetzt, genauso wie die zugegeben etwas grellen Neonröhren durch „Lampenschirme“.

(c) Stanislav Jenis


Klingt alles danach, dass es hier bald auch so konventionell aussieht, wie es schmeckt. Die Beisel-Küche ohne Fleisch ist sicher ambitioniert, aber aufregend ist anders. Das unvermeidliche Ceviche kommt hier mit Forelle und eher rustikal gewürzt daher, getoppt auch noch von frittiertem Erdäpfelheu (6,90). Die Safranfischsuppe – ebenfalls Forelle, ebenfalls solide (6,30) –, Salz stand eh auf dem Tisch. Was auch den zwei schlanken, knusprig herausgebackenen Kürbisspalten auf Polenta und fadem Butternut-Coleslaw nicht geschadet hat (9,20). Geschmacklicher Höhepunkt war das Einkornrisotto mit den hausgeräucherten Welsstückerln (10,80). Aber deswegen werd ich in Zukunft auch nicht durch die halbe Stadt fahren. Wir wollten mit dem Vesely plauschen, nicht mit den Köchen. Aber das war jetzt wohl auch total unprofessionell.

Steinthal, Aegidigasse 15, 1060, Tel.: 01/595 26 16, Montag bis Samstag, 16–23, Küche ab 18 h.


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