Die Testerinnen: Ludwig van

(c) Christine Pichler
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Charmebündel mit Bittertönen und Briesroulade.

Was man hier wohl macht, wenn die Winzer Lichtenberger González reservieren? Das hölzerne „Scrabble“-Bänkchen auf dem Tisch, das mit dem Namen der Gäste auf diese wartet, fasst schließlich nur acht Buchstaben. Wie auch immer man diese winzige Baustelle handhabt – das Bänkchen erwärmt schon zu Beginn das Herz. Zumindest das von „Scrabble“-Veteranen, die in jedem Ö acht Punkte sehen und für die eine sexy Hyäne mit Ödem ein Volltreffer ist. Und herzerwärmend geht es weiter. Das Ludwig van in der Laimgrubengasse im Sechsten ist ein Charmebündel. Angefangen von der skurrilen Schnörkelvertäfelung aus den 1980ern, die man aber doch irgendwie mögen kann wie eine sperrige Großtante. Sommelier Robert Stark hält von prohibitiven Preisen offenbar gar nichts und rät mit verschmitztem Schmäh zu diesem oder jenem Wein aus seiner Nicht-Mainstream-Karte, auch von Lichtenberger González.

(c) Christine Pichler

Es darf aber durchaus einmal, wie zur in Bier gezogenen Forelle mit Birne und Chicorée, ein Bier mit Vornamen Craft sein. Der Urheber des formidablen Fischgangs, der mit sanften Bitter- und Fruchttönen betört, ist nur eine Charmelänge entfernt: In der Küche steht der junge Walter Leidenfrost, unterstützt von der ebenso jungen Julia Pimingstorfer. Die beiden haben sich im Kussmaul I. kennengelernt und dem Weinhaus Arlt zu seinen aktuellen Auszeichnungen verholfen. Und spätestens beim Gang aus violetten Karotten, aromabringend geschrumpelt, einem Karottensud in dichtem Dottergelb sowie Malz und Ziegenjoghurteis möchte man ein Gloria anstimmen – was in diesem Haus, in dem Beethoven seine „Missa solemnis“ geschrieben hat, gar nicht so unangebracht wäre. Angesichts von Gerichten wie einer Consommé mit Briesroulade, Kalbskopf mit Topinambur und Sauce gribiche, Backfleisch von der Alten Kuh oder einem (endlich einmal nicht sinnlos) dekonstruierten Germknödel liegt die Frage nahe: Hat ­Leidenfrost bei Christian Petz gelernt? Nein, bei Richard Rauch, der aber bei Petz gelernt hat. (Exkurs: Was wären wir ohne diesen Koch?) Rauchs Einfluss wird indes am Mangalitzaschwein mit Buchweizensterz und Radi deutlich: Das Fleisch wurde – eine Domäne Richard Rauchs – ebenso mutig wie gewinnbringend halbroh belassen.

Info

Ludwig van, Laimgrubeng. 22, 1060 Wien, Tel.: 01/587 13 20, Di–Fr: 18–24, Mittagstisch: Mo–Fr: 11.30–14.30 h.

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