Die Testerinnen: Karwans Küche

(c) Stanislav Jenis
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In der Oase der Kurden-Karawane.

Viel erwartet hab ich mir ja nicht, tote Hose bei den Lokaleröffnungen Ende Jänner. Und irgendwie seltsam klang sie auch, die Empfehlung: Ein schon länger bestehendes, u. a. – wie man auf der Referenzliste liest – auch das Parlament belieferndes orientalisches Catering, das jetzt sesshaft wurde. In einer Ungegend im Fünften, Hamburgerstraße, gleich neben der Wienzeile. So sah es auch aus, schräg gegenüber steht eine lebensgroße Taucherpuppe im Schnee auf dem Gehsteig. Doch dann das: Das Karwan liegt direkt neben dem Celeste, dem Musikkeller vom Franz West, Gott hab ihn selig. Ab dieser Einsicht ging es nur noch bergauf, für mich und auch meine russische Prinzessin, die ich im Schlepptau hatte, die auch noch sofort als solche erkannt wurde und mit russischen Erklärungen und Schnapseinladungen bedacht wurde. Der Kellner hat schließlich einst in der Ukraine Pharmazie studiert.

(c) Stanislav Jenis

Man blickt sich schnell um und versteht: Die ehemalige Pizzeria, die hier nur leicht adaptiert wurde, hat sich schon nach wenigen Wochen zum wesentlichen Mittagsnahversorger der hier gestrandeten, lange Zeit ausgehungerten Büromenschen gemausert. Nicht, weil sie günstig ist und echt gute Kunst von kurdischen Malern hier hängt. Sondern weil hier mit Charme und Herz bewirtet und großartig kurdisch-orientalisch gekocht wird. Zu Mittag bevorzugt in Buffetform übrigens. Schaut recht überschaubar aus am Anfang, der schmale Tisch, ist aber voll beladen mit Tellerchen und Schüsselchen, mit scharfen Salaten, Spinat in einer Art Kurkuma-Sauce, Tsatsiki, frischem Humus und Auberginen-Creme, frittierten Reisbällchen gefüllt mit zimtigem Faschiertem, Okraschoten in Tomatensauce (Bamya), Kalbfleisch-Eintopf, Rinderwurst-Eintopf und einem unglaublich fruchtigen vegetarischen Ragout aus Spinat und Bohnen, in dem ganze, getrocknete Zitronen mitgeschmort wurden (die man nicht essen sollte). Herrlich. Nichts ist fett, alles frisch, man kann sich nehmen, sooft man will, immer wieder werden neue Speisen eingestellt, und das um unglaubliche 9,90 Euro. Am Ende warten dann panierte Datteln und Milchreis. Karwan heißt Karawane, wenig überraschend. Hier hat sie sich eine kleine Oase geschaffen, die sie großherzig mit uns allen teilt.

Info

Karwans Küche, Hamburgerstraße 16, 1050 Wien, Telefon: +43/699 1996 76 73
Mo, Di, Mi, 11–24 h, Do, Fr, Sa, 11–2, So, 10–15 h

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