Geschmacksfrage: Walter Bauer

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Ein Besuch bei der aktuellen Nummer zwei in Wien: Bei Walter Bauers nicht ganz wienerischem Koch.

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TIPP

Zum Jahresausklang muss ich ein paar Anmerkungen in eigener Sache anbringen. (Stimmt, also wie immer.) 2010 wird es Zeit, dass Christian Petz wieder eine Küche übernimmt. Nein, nicht die in einem schönen Wirtshaus. Das ist zwar kein Fehler, aber ein bisschen mehr Spitzengastronomie können Stadt und Land vertragen. Ein Investor wäre natürlich auch gut, irgendwer muss das am Anfang ja alles bezahlen. Oder vielleicht kommt ja ein junger neuer Koch, der sich selbstständig macht. Denn das soll einmal festgehalten werden: Es reicht mit der Wiener Antikapitalismushaltung, wenn es um Restaurants geht. Wien lief ohnehin noch nie Gefahr, zur dekadenten Gänseleber-Kobebeef-Hauptstadt der Welt zu werden. Aber zu den Dutzenden Würstlständen und Beiseln ginge doch noch ein echtes Restaurant, in dem Menschen Geld ausgeben dürfen. Denn die Wahl zwischen Steirereck und Steirereck ist zwar schön, aber überschaubar.

An dieser Stelle ein Danke an Heinz Reitbauer: Gäbe er auch noch auf, Michelin würde Wien nicht einmal mehr im Guide „Main Citys Europe“ führen. Daher empfehle ich ausdrücklich ein Zweiergespann, das unterschiedlicher nicht sein könnte und das die kulinarische Fahne hochhält: Walter Bauer und seinen Tommy Moebius. Ersterer führt ein kitschig-gemütliches Minilokal in der Wiener Innenstadt, in dem die Zeit stehen geblieben scheint. Da passt übrigens die Möglichkeit dazu, uneingeschränkt rauchen zu dürfen, was viele Gäste leider exzessiv tun. Bauer hatte bereits Köche wie Christian Domschitz unter Vertrag und weiß, wie man mit großen Charakteren umgeht.

Ein solcher ist auch Moebius, oder besser: ein sturer. In einer Stadt, in der alle lächelnd die Messer dezent zücken, fällt ein deutscher Koch schon auf, der einen Restaurantkritiker beschimpft, weil der ständig über neue einfache Lokale schreibt. Wobei Herr Moebius das gar nicht als Beschimpfung sehen würde, sondern als Empfehlung. Aber ich muss ja nicht mit ihm reden, er muss nur für mich kochen. Das kann der Joachim-Wissler-Schüler nämlich; wenn er Fish and Chips vom Oktopus mit Himbeeren und Kohlsprossen kombiniert. Oder in der viel zitierten neuen Einfachheit ein großartiges Stück Hochrippe vom Atterochsen stundenlang auf kleiner Flamme garen lässt. Sehr gut. Wenn er nach Deutschland zurückgeht, haben wir ein Problem.

Walter Bauer, Wien 1, Sonnenfelsgasse 17. Tel.: 01/512 98 71, Mo 18–23, Di–Fr 12–14, 18–23

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