Food Swaps: „Tausche Brot gegen Bouillon“

Bunte Mischung. Manche „Swapper“ widmen auch der Verpackung viel Aufmerksamkeit.
Bunte Mischung. Manche „Swapper“ widmen auch der Verpackung viel Aufmerksamkeit.(c) Yelda Yilmaz
  • Drucken

Was im Heimatland der Essenstauschbörsen auf den Tisch kommt.

Angefangen hat alles mit Marmelade, Eiern und Honig: Als Kate Payne 2009 in ihrem Brooklyner Apartment beim Marmeladeeinkochen etwas über das Ziel hinausgeschossen war und ihr Leid darüber auf Twitter klagte, bot ihr Megan Praska an, diese gegen Eier und Honig einzutauschen. Das war die Geburtsstunde der modernen Food Swaps in den USA, einer Bewegung, die vom ersten Tag an weitaus erfolgreicher war, als es sich ihre Initiatorin vorstellen konnte. „Als ich die Idee auf meinen sozialen Medien gepostet habe, dachte ich, es wäre cool, wenn acht oder neun Leute kommen, die etwas Selbstgemachtes zum Tauschen mitbringen, erzählt sie dem „Schaufenster“. „Aber schon beim ersten Treffen standen plötzlich 24 Leute in meinem Apartment, und ich war begeistert, wie viele Menschen genau wie ich auf der Suche nach einer Community waren, die sich für Essen und Dinge wie zum Beispiel Einkochen interessieren. Denn davon gab es damals in Brooklyn nicht allzu viele.“

Cookie-Tausch. Das sieht heute ganz anders aus, nicht nur in Brooklyn, sondern in den gesamten Vereinigten Staaten – und zunehmend auch in Europa und Österreich. So hat das von Payne und Emily Han gegründete Food Swap Network inzwischen 93 registrierte und regelmäßig stattfindende Swaps zwischen Ost- und Westküste, „aber wir wissen, dass es etliche mehr gibt, die nicht registriert sind, und gehen von 115 bis 120 aus“, sagt die Erfinderin der Swaps in ihrer heutigen Form. Denn andere Veranstaltungen zum Austausch guten Essens hat es auch vor 2009 schon gegeben, allerdings entweder in begrenzter Form wie beispielsweise bei Cookie-Swaps, bei denen selbst gebackene Kekse verkostet und getauscht wurden. Oder auch bei den traditionellen Potlucks, die in Nordamerika beispielsweise beim gemeinsamen Lunch nach dem Sonntagsgottesdienst oder auch auf privaten Partys sehr üblich sind: Dabei wird der Tisch mit von allen Gästen mitgebrachten Speisen gedeckt und dann gemeinsam gegessen.

Bei den Food Swaps der neuen Generation geht es allerdings etwas organisierter zu. Rund 20 Swapper nehmen an den meist um die zwei Stunden dauernden Events teil und bauen ihr Mitgebrachtes vor sich auf einem Tisch auf. Das darf alles sein, was unter die Regel „selbst gemacht, selbst gezogen oder selbst gesammelt“ fällt, wobei niemand das wirklich kontrollieren kann oder will. Schließlich geht es hier nicht um ein Geschäft, bei dem Geld fließt, sondern um einen Austausch und die Bildung einer Community – da würden Regelverstöße von Haus aus wenig Sinn haben. Vor dem eigenen Produkt liegt dann eine Liste, auf der die anderen Teilnehmer eintragen, was sie als Gegenleistung für die einmaligen Essiggurkerl herzugeben bereit wären: Das reicht dann von einem Laib frischen Brots über zwei Flaschen hausgemachte Rindssuppe bis zum Töpfchen Mango-Chutney, ge- oder verkauft wird nicht.

Ehrgeiz und Eingemachtes. „Extrem beliebt sind Eier aus eigener Haltung oder seit Neuestem auch Sets zum Selberbrauen von Kombucha“, berichtet Payne, außerdem frisch gebackenes Brot, selbst gekochte Brühen und Fleischfonds oder Suppen, die man gleich portioniert als Lunchpaket mitnehmen kann. Aber auch Ziegenmilch und -käse, hausgebrautes Bier und alle Spielarten von Eingemachtem, Eingelegtem und Eingekochtem finden sich auf den Tischen – und das recht unabhängig vom Veranstaltungsort. „Ich bin wirklich auf Swaps im ganzen Land gewesen, und war erstaunt, dass es überall mehr oder weniger das gleiche Angebot gibt“, sagt Payne. Denn in Zeiten des Urban-Gardenings braucht es nicht unbedingt eine Farm, um diese Produkte herzustellen: „Schon bei unserem ersten Swap in Brooklyn war jemand dabei, der Honig von den Bienen auf seinem Dach gebracht hat“, erinnert sie sich.

(c) Beigestellt

Recht unterschiedlich sind dagegen die persönlichen Zugänge der Mitglieder zum Swappen. Manche investieren mindestens so viel Liebe in die Verpackung wie in das Produkt, während andere mit schlichten Einweckgläsern ihr Auslangen und genügend Tauschware finden. Und während es für die eine Gruppe ein entspanntes Treffen unter Gleichgesinnten ist, entwickelt manch anderer Anbieter einen immensen Ehrgeiz, wenn es darum geht, die bestgehenden Tauschgüter auf den Tisch zu bringen. „Manche wetteifern schon sehr darum, die beliebtesten Produkte zu haben“, erklärt Payne lachend, „und ich erinnere die Teilnehmer auch immer wieder daran, dass Essen einfach etwas sehr Persönliches ist und sie sich nicht kränken sollen, wenn ihr Mitgebrachtes nicht so gefragt ist.“

Schließlich sei manches auch aufgrund von Allergien nicht für alle geeignet, oder eben nichts für Veganer oder Vegetarier. Von dem Trend zu rein veganen oder vegetarischen Swaps hält Payne allerdings nicht allzu viel, auch wenn es jedem natürlich freisteht, wie er oder sie die Veranstaltung ausrichtet. „Aber eigentlich geht es ja gerade um diese Vielfalt, darum, alles zusammenzubringen und nicht zu separieren“, betont sie. Denn neben dem reinen Austausch von Lebensmitteln sind die Swaps auch der ideale Rahmen, um eine Community von Menschen, die sich für diese Art von Lebensmitteln und Herstellung interessieren, zu bilden. Was mindestens genau so geschätzt wird wie das Dutzend eingetauschte Eier.

Tipp

Tauschrezepte: 100 Rezepte für Marmeladen und Co., von den Gründerinnen der deutschen Food-Swap-Welle. Bei edel, 20 Euro.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.