Röstnoten und Notenschlüssel

Sinne. Barry Smith forscht im Centre for the Study of the Senses.
Sinne. Barry Smith forscht im Centre for the Study of the Senses.(c) Beigestellt
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Barry Smith forscht über Musik und Geschmack. Am Rande der Nespresso-Ateliers in London sprach er über Kaffeeüberraschungen und Geigenaromen.

Wenn das die Winzer des berüchtigten Brünner-straßlers gewusst hätten! Ihre sauren Weine hätten sie nämlich einfach zu leichtfüßigen, prickelnden Klavierklängen servieren müssen, und schon hätte man sie süßer wahrgenommen – wenn es nach Barry Smith geht. Der britische Philosoph hat das Centre for the Study of the Senses mitbegründet und forscht mit einem interdisziplinären Team an der sinnesübergreifenden Wahrnehmung. Etwa zu der Koppelung von Gehör- und Geschmackssinn. „Wir glauben noch immer viel zu oft, dass unsere Sinne separat wahrnehmen. Aber das stimmt nicht“, sagt Smith. „Minze zum Beispiel ist doch etwas, das wir mit hohen Tönen assoziieren. Muskatnuss ist tief. Man spricht auch nicht umsonst in Aromaprofilen von dunklen Noten – da werden also automatisch Licht und Farbe mit Geschmäckern gekoppelt.“

Auf den Forschungen des Centre for the Study of the Senses beruhen Veranstaltungen, die Kaffee, Wein, Schokolade oder Single Malts mit Musik paaren. Und dass die Effekte von tiefen, breiten oder von schrillen, hohen Klängen auf den Gaumen durchaus eindrucksvoll sind, wurde unlängst bei den Nespresso-Ateliers in London bewiesen: Smith hatte im Rahmen eines Workshops gemeinsam mit seiner Kollegin Ophelia Deroy sozusagen zu einem Pairing von Noten und Röstnoten geladen. Eklatant, wie stark die Säure in den Vordergrund rückt, wenn man zum Kaffeetrinken von hohen und scharfkantigen Klängen begleitet wird. „Hohe Töne allein sind es aber nicht; nettes Klavier­geklimper in den oberen Oktaven hat nicht dieselbe frappierende Wirkung auf unser Säureempfinden wie scharfkantige, kratzig-schrille Violintöne“, sagt Smith. Bitteres wird durch tiefe, breite Töne betont, etwa von manchen Blechblasinstrumenten, und tänzelndes Klavierspiel verstärkt, wie schon erwähnt, Süße.

Akustischer Fingerzeig. „Was geht hier vor?“, stellt der interdisziplinär denkende Smith die zentrale Forschungsfrage, zu der es offenbar verschiedene Ansichten gibt. Smiths Kollege Charles Spence, ein renommierter Psychologe, der sich vorrangig mit Sinneswahrnehmungen in der Gastronomie befasst und Autor des Buchs „The Perfect Meal“ ist, spricht von akustischem Würzen, von sonic seasoning. „Charles Spence meint also, man fügt zum Geschmack mittels Musik etwas hinzu. Das hieße freilich im Extremfall, man könnte ein völlig geschmackfreies Gericht nur durch den Einsatz von Musik würzen. Mein Ansatz ist da ein anderer: Ich glaube, dass Wein oder Kaffee all diese überraschenden Geschmäcker, die wir im Zusammenhang mit Musik plötzlich wahrnehmen, schon haben. Die Musik fungiert nur als akustischer Fingerzeig und bringt uns dazu, quasi in andere Geschmackswinkel dieser Lebensmittel hineinzukriechen.“ Unsere Aufmerksamkeit, meint Barry Smith, sei eine Ressource, die wir nicht beliebig vervielfältigen können. „Wenn man einem Aspekt Aufmerksamkeit schenkt, nimmt man sie gleichzeitig woanders weg: Wenn man während des Essens schrille Musik hört, sperrt diese quasi das Tor zur Säure auf. Der Säureeindruck verstärkt sich also, gleichzeitig werden die anderen Geschmäcker unterdrückt.“ Besonders leicht könne man dieses temporäre Ausblenden bei dunkler, also zartbitterer Schokolade nachvollziehen.

Überraschungseffekt. Smith und sein Team arbeiten mit einflussreichen Köchen wie Heston Blumenthal ebenso zusammen wie mit Sommeliers. Darunter auch einige Masters of Wines, die man bei Wein nicht leicht in die Irre führen kann. Aber selbst diese waren sehr erstaunt, als ein Wein, den sie in- und auswendig kannten, plötzlich bitterer schmeckte, nur weil sie eine bestimmte Musik dazu hörten. „Wir können durch den Einsatz der richtigen Musik auch den Abgang eines Weines verlängern. Wir nehmen Wein ja nicht auf einmal wahr. Es ist eine zeitliche Abfolge von Eindrücken, die da am Gaumen passiert. Musik ist ebenso eine zeitliche Abfolge, von Tönen. Wenn wir es schaffen, die richtige Musik­sequenz zu einem Wein zu koppeln – wow!“ Besonders interessant sei das Pairing von Champagner mit Musik. „Champagner hat ja nicht nur säuerliche, süßliche oder hefige Noten. Er hat eine weitere Dimension: die Bläschen. Da kommen also Gehör und Mundgefühl dazu.“ Harfenspiel etwa könne das Prickeln von Champagner noch verstärken, hat Smith die Erfahrung gemacht. Aber bisweilen sei die beste Untermalung eine andere: „Als wir uns mit einem Champagner von Krug befassten und uns fragten, welche Art von Musik dazu die beste sein könnte, sagte einer: ,Stille‘.“

Die Autorin reiste auf Einladung von Nespresso nach London.

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Eduard Fruths Variationen

Mehlspeisen-Inspiration. Er ist nicht zuletzt für seine akkurat geordnete kleine Auslage mit Pariser Flair bekannt: der Wiener Konditor Eduard Fruth, der in der Kettenbrückengasse feinstes Backwerk wie Éclairs, Punschkrapfen oder Schokoladetartes präsentiert. Für die aktuelle limitierte Variations-Kollektion von Nespresso – Pate standen Sachertorte, Apfelstrudel und Linzer Torte – hat Fruth nun dazupassende Kleinigkeiten entwickelt, etwa eine Apfelstrudeltrüffel. Bis 23. Dezember sind diese gemeinsam mit einer Tasse Variations bei Fruth zu haben. Kettenbrückengasse 20, 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 114, 1050.
www.nespresso.com

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