Appetit-Epochen: Eine Reise durch Kochbuchdekaden

(c) 1963, Fotograf unbekannt/Titelbild „New Recipes for Good Eating“, 1949
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Mozzarella-Cover, fiktive Vorköchinnen oder Diätpropaganda: Das Buch „Feast for the Eyes. The Story of Food in Photography“ zeichnet die Entwicklung der Food-Fotografie nach.

Was heute Pfingstrosen für Törtchenfotos auf Instagram sind, waren vor einigen Jahrzehnten aufgefächerte Essiggurkerln: Ein Dekorationsobjekt, ohne das in der Essensfotografie nichts geht beziehungsweise ging. Das Buch „Feast for the Eyes. The Story of Food in Photography“, herausgegeben von der auf Fotografie spezialisierten Aperture Foundation, zeichnet diese Entwicklung nach. Und zeigt unter anderem, wie viele Kochbücher schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts von US-Lebensmittelfirmen wie Knox-Gelatine finanziert wurden und mit welchen Rassen- und Geschlechtertypen man mitunter hantierte: Bei Aunt Jemima etwa, der afroamerikanischen Titelfigur der gleichnamigen Rezeptheftserie eines Backmischungs- und Sirupherstellers. Im Lauf der Zeit wurde Aunt Jemima zwar variiert, gemein bleibt den Figuren über die Jahre aber ein gewisser Nimbus des Sklavinnenstereotyps.

Inszenierung. Wer alte „Gusto“-Hefte sein Eigen nennt, ob aus den 1980er- oder 1990er-Jahren, kann zu Hause eine ähnliche Entwicklung nachvollziehen, wie sie die Autorin von „Feast for the Eyes“, Susan Bright, mit den im Buch dokumentierten „Gourmet“-Magazinen zeigt: So war im Jahr 1981 Mozzarella mit Paradeisern (und Petersilie, nicht Basilikum) noch ein Cover wert.

Essen, so Bright im Vorwort des Buchs, dessen Erlös zum Teil an die karitative Organisation Food Bank For New York City geht, kann Nationen mitformen, Stereotype verstärken oder sie untergraben. Essen – und vor allem, wie Essen inszeniert wird – war immer auch ein Spiegel einer Gesellschaft, einer Zeit. Das lässt sich entlang jener Beiträge in diesem Buch nachvollziehen, die die Food-Fotografie abseits der Kochbuchindustrie dokumentieren: Bei Fotografen wie Weegee alias Arthur Fellig, der in den 1950er-Jahren unter anderem Kindergeburtstagspartys festhielt, William Eggleston, der in den 1970ern das Innere von Kühlschränken dokumentierte, oder bei Martin Parr mit seinen radikal unmittelbaren Aufnahmen aus dem modernen Proletariat.

Tipp

Fotogeschichte. Neben den gezeigten Bildern sind in „Feast for the Eyes. The Story of Food in Photography“ (Susan Bright, Aperture) auch Fotos von Irving Penn oder Helmut Newton zu sehen. Ein Teil des Erlöses geht an die Food Bank For New York City. aperture.com

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