Gastronomischer Familienclan: Kochen und leben wie in Italien

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Familie d'Atri hat mit sechs Restaurants in Wien die italienische Küche in der Hand. Mit Jahresende kommt das siebente Lokal dazu.

Fast könnte man meinen, die Sache sei abgesprochen. Kaum setzt man sich mit Mino Zaccaria an einen Tisch, um über das kleine gastronomische Imperium, das er gemeinsam mit der Familie d'Atri in Wien aufgebaut hat, zu plaudern, bittet seine neunjährige Tochter um Aufmerksamkeit. Die kleine Francesca hat eine Stoffserviette zu einem Fächer gefaltet und will das nun stolz ihrem Papa präsentieren. „Hab ich gemacht“, sagt sie und knallt das Kunstwerk auf den Tisch.

„Die Kinder haben das in unserer Familie in der DNA. Francesca hat mit fünf Jahren die erste Weinflasche geöffnet, sie serviert auch gerne. Manchmal kann das aber auch ein bisschen unangenehm sein“, erzählt der aus Apulien stammende Gastronom. Dann etwa, wenn die Familie einfach nur essen gehen will – italienisch versteht sich. Auf die Frage, ob die Pasta mit Käse serviert werden soll, fragt sie den Kellner scharf: Parmesan oder Grana? „Da muss man manchmal aufpassen, wir wollen ja schließlich wiederkommen“, sagt Zaccaria und lacht.

Genau das erhofft er sich auch von seinen Gästen. Gemeinsam mit der Familie d'Atri, mit der er über Ecken verwandt ist – Nicola d'Atri ist sein Großonkel –, hat Zaccaria in den letzten Jahren in Wien ein kleines, italienisches Imperium aufgebaut, das die verschiedenen Regionen und Küchen vertritt. Denn „die italienische Küche“ gibt es für Zaccaria, seinen Großonkel und dessen Söhne genauso wenig, wie es „die Italiener“ gibt. So serviert Zaccaria in seinem Amarantis in der Babenbergerstraße mediterrane Küche mit einem Hauch von Slow Food und Regionalität. Nicola Zaccaria setzt gemeinsam mit seiner Frau, Anna, und Sohn Giovanni in der Osteria d'Atri – dem Urlokal des gastronomischen Familienclans – auf traditionelle süditalienische Küche. Sein Sohn Maurizio d'Atri hat im vergangenen Jahr aus dem Theatercafé an der Wienzeile das Ristorante al teatro gemacht, dessen Bruder Roberto kocht im Il Melograno. Der dritte Sohn, Giovanni, ist nicht nur in der Osteria tätig, sondern vertreibt auch unter dem Namen Vini d'Atri Wein und Schokolade. Hinzu kommen noch die Nobel-Italiener Procacci und Cantinetta Antinori, die von Zaccaria betrieben werden.

„In der Wiener Innenstadt gibt es etwa 300 bis 500 Leute, die man in maximal zehn Lokalen immer wieder trifft. Die besuchen auch unsere Lokale, je nachdem, worauf sie Lust haben“, erzählt Zaccaria, der zuvor im legendären Münchner Tantris und bei Toni Mörwald im Ambassador tätig war. Das Procacci etwa, in dem das Sehen und Gesehenwerden wichtiger ist als das Essen selbst, gibt es nicht nur das ganze Jahr über Trüffelgerichte, sondern auch mit 4,90 Euro den teuersten Spritzer der Stadt. Aus Selbstschutz, wie der Gastronom meint: „Das machen wir, um unsere Gäste zu schützen, die wollen unter sich sein. Alle schimpfen über die Preise, aber sie kommen trotzdem.“

Heuer soll noch ein neues Lokal hinzukommen. Etwas Jüngeres, Preisgünstigeres in Innenstadtlage schwebt Zaccaria vor. Ende des Jahres soll es so weit sein. Mehr will er noch nicht verraten. Dass die Küche in irgendeiner Form italienisch sein wird, versteht sich aber von selbst. Auch sonst hat er noch einiges vor. Die zwei Hauben im Amarantis sind ihm nicht genug. „Damit geben wir uns nicht zufrieden.“


Dass das kleine kulinarische Imperium funktioniert, führt Nicola d'Atri auf die Familie zurück: „Natürlich gibt es auch Probleme, aber wenn es darauf ankommt, halten wir zusammen.“ Sein Großneffe ist überhaupt der Meinung, dass es heute in der Gastronomie nur zwei Möglichkeiten gibt, um zu überleben. „Entweder man hat eine Familie dahinter oder man hat einen sehr großen Betrieb. Dazwischen hat man keine Chance.“ Dass die italienische Küche in der Stadt weiterhin stark in der Hand der Familie bleibt, auch dafür wurde schon vorgesorgt – nicht nur mit Francesca. Der kleine Nicola etwa heißt nicht nur genauso wie sein Großvater. Obwohl der Bub gerade einmal gehen kann, hat seine Großmutter Anna schon Pläne: „Der wird das alles einmal übernehmen.“

Auf einen Blick

Die Familie d'Atri betreibt in Wien sechs italienische Restaurants: Osteria d'Atri, Amarantis, Il Melograno, Ristorante al teatro, Procacci und die Cantinetta Antinori – mit jeweils unterschiedlichen kulinarischen Schwerpunkten. Ende des Jahres will Mino Zaccaria, der Großneffe von Nicola d'Atri, ein neues Lokal für jüngeres Publikum in der Innenstadt eröffnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2013)

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