Stilkritik: Mit Sonnenbrille vor der Queen?

Anna Wintour saß in London neben der Queen bei einer Modeschau. Die Sonnenbrille behielt sie an. Und das Internet empörte sich. Zu Recht?

Wenn man den Bildern glauben darf, die natürlich sofort um die (Mode-)Welt gingen: Königin Elisabeth II. fand nichts am Look von Anna Wintour auszusetzen. Die Chefredakteurin der amerikanischen Vogue, neben der sie bei der Show von Richard Quinn in London zu sitzen kam, behielt ihre Sonnenbrille an, als die beiden miteinander plauderten. Und die Queen unterhielt sich offenbar blendend mit der Journalistin, die sie erst letztes Jahr zu "Dame Anna Wintour" gemacht hatte. So weit, so gut also. 

Es könnte allerdings auch einfach so sein, dass die Queen - wie stets - freundliche Miene zum ziemlich ungezogenen Spiel machte. Wer seit 65 Jahren auf dem Thron sitzt und mit Kronjuwelen wie mit Papierhütchen spielt, wird schließlich nicht wegen einer besonnenbrillten Ex-Britin (Wintour, die seit 1988 die amerikanische Vogue leitet, nahm zwischendurch die amerikanische Staatsbürgerschaft an) die Contenance verlieren. 

Auf Twitter waren sich jedenfalls viele Beobachter einig, dass es äußerst ungehörig von Anna Wintour sei, im Angesicht der Queen die Sonnenbrille aufzubehalten. "Wintour schon wieder mit ihren dummen Sonnenbrillen", war da etwa zu lesen. Und wenn man schon in diversen Büroknigges nachlesen kann, dass das Aufbehalten von Sonnenbrillen im Inneren und in förmlichen Zusammenhängen unzulässig sei - was lässt sich dann erst über die Zusammenkunft mit einer Königin sagen?

Jene, die unter Verweis auf die Tatsache, dass Anna Wintour ihre "Sonnenbrille wie ein Schild" trage und im Modeschau-Kontext quasi nie ohne sie zu sehen sei, irrten freilich. Es stimmt zwar, dass Wintour das Sonnenbrillen-Tragen in der Frontrow salonfähig gemacht hat, weil sie angibt, so ihre wahren Reaktionen auf die Qualität der vorgeführten Mode verbergen zu können. Sie ist andererseits bei Schauen auch oft genug ohne das von Chanel für sie stets nachproduzierte Modell zu sehen.

Die Königin der Mode hat sich also definitiv einen Fauxpas geleistet, als sie im Gespräch mit der Königin von England nicht ihre Sonnenbrille abnahm. Die eine mag zwar in das Reich der anderen vorgedrungen sein. Aber es besteht wohl kein Zweifel darüber, wer hier wem Respekt zu zollen gehabt hätte.

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