Gucci: Ende einer Familiengeschichte

Das Kering-Zugpferd Gucci trennt sich von CEO Di Marco und seiner Ehefrau, der Designerin Frida Giannini. Wer wird ihr folgen?

Das Modejahr endet mit einem Paukenschlag, der von Paris nach Florenz und retour tönt: Die Kering-Gruppe, einer der größten Luxusartikel-Konzerne der Welt, ließ bekannt werden, dass sowohl der CEO von Gucci, Patrizio di Marco, als auch seine Ehefrau, die Designerin Frida Giannini, Anfang des kommenden Jahres ihre Positionen räumen würden.

Kering-Vorstandsvorsitzender François Pinault bedankte sich in der Aussendung bei beiden für ihre Arbeit. Di Marco hatte seit 13, Giannini seit 12 Jahren für Kering gearbeitet. Zum Paar wurden die beiden vor fünf Jahren, als sie bereits ihre Spitzenpositionen bei Gucci bekleideten.

"Made in Italy"

Selbst wenn in der offiziellen Stellungnahme von Kering betont wird, wie positiv sich die Performance von Gucci unter Di Marco entwickelt habe, waren laut Business of Fashion zuletzt Gewinneinbrüche zu vermerken. Bezeichnenderweise war Kering (zuvor: PPR-Gruppe) anfangs auch als Gucci-Group bekannt. Die Bedeutung der italienischen Luxusmarke, die in den Neunzigerjahren unter Tom Ford und Domenico De Sole neue Fahrt aufnahm und zu einem der großen Spieler im "Made in Italy"-Luxusbereich wurde, für den Mutterkonzern lässt sich auch daraus ablesen.

Für Außenstehende ist es nicht einfach, die Hintergründe dieser Personalentscheidung abzuschätzen. Allerdings dürfte ein quasi als Familienunternehmen geführtes Nicht-Familienunternehmen mit einer schwächelnden Performance nicht gerade der Traum von Kering-Boss Pinault gewesen sein. Was Giannini auf den Laufsteg schickte, wurde in den letzten Jahren zunehmend berechenbar. Das muss nichts Schlimmes bedeuten, schließlich kann so eine treue Stammkundschaft gehalten werden. Allerdings ist das sexy Gucci-Retrogirl keine so unverwechselbare Erscheinung im Modepanorama mehr, wie das vielleicht einmal der Fall war.

In jedem Fall ist nun das Rennen um die Nachfolge Gianninis eröffnet - eine der wichtigsten Positionen des Business wird neu ausgeschrieben. Es ist anzunehmen, dass es dafür einen großen Namen braucht. Zugleich hat aber Pinault letzthin immer wieder Kreative von kleineren Labels mit Avantgardecharakter geholt. So wurde etwa das Label des jungen Briten Christopher Kane (immerhin bereits an der Spitze von Versus neben Donatella Versace in Mailand tätig) von Kering gekauft. Alexander Wang holte Pinault für Balenciaga in die Truppe der seinen. Außerdem trat Kering als Sponsor des wichtigen Andam-Preises in Paris 2014 auf: Die Gewinnerin, Iris van Herpen, ist definitiv ein Name, den man in jüngerer Vergangenheit immer öfter hört.

Kommt Stella McCartney?

Eine andere Möglichkeit wäre etwa, dass Stella McCartney, deren Label ebenfalls Kering gehört, für das italienische Luxusmaison geholt wird. Auch der Vintage-Hype, mit dem Hedi Slimane neuerdings Saint Laurent Paris aufmischt, würde gut zu Gucci passen - eine konzerninterne Rochade mit Slimane mutet aber als weniger wahrscheinlich an.

Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Marco Zanini nicht mehr an der Spitze des Couture-Hauses Elsa Schiaparelli steht. Weder seine Arbeit für Schiaparelli noch eigentlich die Jahre davor empfehlen ihn aber für diesen Job. Ein anderer Designer, der bis vor Kurzem noch auf dem Arbeitsmarkt war, wurde indessen von Pinault-Gegenspieler Renzo Rosso für Maison Martin Margiela verpflichtet: John Galliano wäre freilich auch nicht die schlechteste Wahl für Gucci gewesen. Die große Show, die er abzuziehen liebt, hätte jedenfalls nicht schlecht zu Guccis rockigem Vibe gepasst.

Und zumindest von diesem Teil der Markenästhetik wird man wohl in Zukunft nicht abgehen. Zu markant und stark war die Vorarbeit, die Giannini - und auch ihr Vorgänger Tom Fod - geleistet haben.

Daniel Kalt ist "Schaufenster"-Chefredakteur und auch auf Twitter und Instagram zu finden.

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