Amanshausers Welt: 333 Österreich

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Kleine Geschichten über große Locations.

Ich fand ein paar grellrote Pünktchen auf meinen Beinen, wunderhübsch. „Sie sehen toll aus, die muss ich dir zeigen“, kündigte ich meiner Freundin an. Am Abend vergaß ich darauf. Drei Tage später um Mitternacht sah ich sie schreckensgroß wieder. Die Beine waren mit riesigen Rotpunkten bedeckt, sicher 1000 Stück. Ich fuhr mit der U6 in die Notaufnahme des AKH. Sie behielten mich dort. Deshalb schreibe ich diese Reisegeschichte aus dem 17. Stock, roter Bettenturm, Dermatologie, Station 17I. Die Vaskulitis, die ich mir zugezogen hatte, ließ sich auf einen bakteriellen Infekt zurückführen, sie war hartnäckig. Ich benötigte eine Menge Cortison- und Penicillingaben, um sie loszuwerden.

Ich bereiste, belebte und untersuchte das Gebilde AKH mit großer Ausführlichkeit. Ich kenne jetzt das Seelsorge-Sekretariat, weiß, was eine Nierentasse ist, stöhne nur ein bisschen, wenn mir ein arterieller Zugang gelegt wird, und stülpe mir anschließend ganz selbstverständlich das „Hoserl“ über, um ihn zu schützen. Wenn ich Freigang kriege, nenne ich ihn „Ausgang“, und seit mir ein Pfleger erklärt hat, dass Nachfragen sinnlos ist, frage ich nicht nach, wieso bei jedem Ausgang der Zugang entfernt und später wieder neu gestochen wird. Große Krankenhäuser sind Monstren mit seltsamen Regelungen – damit komme ich zurecht. Während meines gesamten Aufenthalts wurde ich immer korrekt und freundlich behandelt, von jeder Reinigungsfrau, jeder Schwester, jedem Pfleger und allen Ärzten. Mir schien, dass sie gern im AKH arbeiten.

Aber bald fiel mir auf, wie sie dauernd an Grenzen stießen. Aus irgendeinem Grund wird das größte, prestigeträchtigste Spital des Landes nämlich kaputtgespart. Als Patient bemerkt man das Leistungsmanko täglich. Es fehlt ständig und überall an Personal, und das ist empörend. Das produziert ärgerliche und kuriose, vermutlich manchmal auch lebensgefährliche Situationen.

Einmal wartete ich 14 Stunden auf den Internisten, der dringend kommen sollte. Ich brauchte ihn. Dreißig Minuten vor Mitternacht kam er dann. Ist doch klar, sind ja keine faulen Hunde. Die sind schlicht und ergreifend überfordert. Ihnen sind jüngst wieder Journaldienste gestrichen worden, aus rein buchhalterischen Gründen. Sie haben demonstriert, aber nichts geschieht. Sie pfeifen aus dem letzten Loch. Das AKH braucht eindeutig mehr Finanzressourcen und eine Aufstockung des Personals. Jeder Patient sieht das.

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