Amanshausers Welt: 396 Liechtenstein

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Kleine Geschichten über große Locations.

Ich hoffe, es hat Ihnen bisher gefallen“, sagt die nette Außenministerin, die gleichzeitig auch Kulturministerin ist, und die, obwohl ziemlich jung, schon Justizministerin war. Hier, im Regierungsgebäude von Vaduz, das auch Gefängnis ist, muss ich daran denken, dass der Antiquitätenshop, in dem ich eben war, auch ein Museum ist. Ich denke an die vielen Liechtensteiner, die besorgt meine Einschätzung ihres Landes erfragt haben. Ich mag
Liechtenstein sehr gern, aber diese Unsicherheit geht einem am vierten Tag doch ein bisschen auf die Nerven.
Fast wie ein in einem Zerrspiegel vergrößerter Komplex der Österreicher. Dabei hätten sie die Unsicherheit gar nicht nötig. Das ist ein wunderbares Land – oder meinetwegen nennen wir es ein wunderbares Tal-und-Berg-Ensemble.

Das Finanzsystem haben die Liechtensteiner von den Schweizern, das Recht von Österreich. Die perfekte Mischung. Das Jammern kommt ebenso von den Österreichern, was die gegenseitige Sympathie fördert. Zum Jammern bringt sie unter anderem die Aufwertung des Franken, „eine Katastrophe“. Dass Rohstoffe billiger werden und der Schweizer Wirtschaftsraum europäische Firmen zu Schleuderpreisen einkauft, unterschlagen sie beim Naserümpfen dezent und kaufen privat im billigen Euroland ein.

„Ich hoffe, dass Ihr Liechtenstein-Bild nicht mehr von der Finanzsache geprägt ist!“ Aber nein, Frau Außenministerin, möchten wir rufen, als Österreicher wohnen wir ja gleichfalls in einer Oase für Geldwäsche, auch wir lassen uns von weniger korrupter Staaten ungern zu einer modernen Finanzpolitik überreden.

Die Außenministerin wird lockerer, nachdem Journalisten ein paar tief empfundene, freundliche Dinge gesagt haben. Doch die Frage, was wir Ausländer denn nun von all dem halten, steht weiter penetrant im Raum – als wäre bei einem solchen Termin nur dieses einzige Thema denkbar.
Nachdem sich die Liechtensteiner mit ihrem alemannischen Realitätssinn nie so ganz sicher sind, ob andere den Staat, den sie haben, für voll nehmen, stellen sie es permanent zur Debatte. Jemand könnte ja aufstehen und sagen: „Der Fürst hat keine Kleider! Das ist ja gar kein Land!“ Ist es aber. Liebe Frau Außenministerin, liebe Liechtensteiner, wir wären nie im Traum auf Idee gekommen, Sie so unernst zu nehmen wie uns selbst!

Ort

Kleinstaatgipfel. Der Autor war eingeladen vom Liechtenstein Marketing, www.liechtenstein-marketing.li.

Er traf die Außenministerin Dr. Aurelia Frick im Regierungsgebäude Vaduz.

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