Botswana: Game Drives für leicht Fortgeschrittene

Auf Safari im Okavangodelta
Auf Safari im OkavangodeltaImago
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Warum man sich im Camp mit kräftigen Stöcken bewaffnen sollte, ein Vollgeländewagen nicht notwendig ist, man früh aufstehen sollte und wie man sich sehr wohl für individuelle Autotouren ins Okavangodelta rüsten kann.

Es gibt allerlei, dem man mit einer gehörigen Portion Respekt begegnen sollte. Ein Beispiel wäre Afrika. Und merke: Ein Ultralightzelt ist kein Protected Shelter. Und ein SUV kein Geländewagen. Jetzt aber zurück an den Start. Im Zentrum von Gabarone, der eher zufällig gewählten Hauptstadt des Landes, wimmelt es von Herren mit Krawatte. Diese Anzugträger dürften zu den hilfsbereitesten Menschen der Welt zählen. Auf jedes Anliegen des Ortsunkundigen wird, vorzugsweise unter Zuhilfenahme des Smartphones, ausführlich eingegangen. So kommt man also zu Reservekanistern, einer Handsäge, einem Gaskocher und jeder Menge guter Ratschläge. Das Tor zur Kalahari steht einladend offen, es zu durchschreiten ist aber eine andere Sache. Bereits das Khutse-Kalahari-Wildreservat (Game Reserve), sozusagen das Vorzimmer zur Zentralkalahari, verlangt nach einem voll ausgerüsteten Geländewagen, am besten mit Dachzelt oder alternativ einem als Protected Shelter ausgewiesenen Zelt.

Außerdem empfiehlt es sich als Team von zwei Fahrzeugen unterwegs zu sein. Es fragt sich also, kommt ein Gamedrive in Botswana nur für semiprofessionelle Expeditionsteilnehmer oder Gruppen unter Vollaufsicht infrage? Nein, keineswegs. Eine drei bis vier Wochen dauernde Reiseroute der Kategorie mittelanspruchsvoll und in finanziell zu bewältigendem Rahmen lässt sich durchaus zusammenstellen. Ein gut bereiftes, höher gestelltes Fahrzeug mit zuschaltbarem oder permanentem Allradbetrieb ist für diese Tour dringend anzuraten, ein wesentlich kostspieligerer Vollgeländewagen hingegen nicht notwendig. Nach der Ankunft in Johannesburg geht es per Mietwagen oder Fernreisebus nach Gabarone, in die Hauptstadt des Landes, spätestens hier sollte ein Fahrzeug angemietet werden. Die 250.000-Einwohner-Stadt selbst hat wenig zu bieten, als Einstimmung auf Kommendes kann man immerhin das kleine Museum besuchen und einen Ausflug zum etwa dreißig Kilometer vom Zentrum entfernten Mokolodi Nature Reserve unternehmen.


Es geht los: Im südlichen Afrika herrscht Linksverkehr. Der Straßenzustand ist unterschiedlich, Schlaglöcher sind oft schwer auszumachen, und dann hat es ohnehin schon „gerumpelt“ – mit Reifenpannen ist jedenfalls zu rechnen. Streckenweise wird über gewalzte Schotterstraßen gefahren, bei angepasstem Tempo stellen diese „Waschbrettpisten“ während der Trockenzeit keine besonderen Anforderungen dar. Bei der hier beschriebenen Streckenführung wird sowohl im Khama-Rhino-Schutzgebiet als auch in den Tsodilo Hills über schmale Sandwege mit ziemlich tiefen Spurrinnen gefahren, um die gefürchteten Tiefsandpisten der Central Kalahari handelt es sich dabei aber nicht. Ein Fahrzeug, in dem man gelegentlich, wenn auch nicht sehr bequem, schlafen kann, Isomatte und Schlafsack (in der Nacht fallen die Temperaturen fast auf null) geben die Möglichkeit zu spontanen Außenübernachtungen, eine Option, die man sich offenhalten sollte. Selbiges gilt auch für eine Minimalküchenausrüstung und Grillutensilien. Es geht für etwa sechshundert Kilometer in Richtung Norden.

Khama Rhino Sanctuary

Fünfzehn Fahrminuten außerhalb Serowe bietet das große Nashornschutzgebiet sehr gute Unterkünfte mit Grillplatz. In der Umgebung leben vom Militär beschützt Breit- und Spitzmaulnashörner, darunter die letzten weltweit existierenden wild lebenden Weißen Nashörner. Die Verwendung eines Fernglases macht das Rhino Watching noch spannender – der Gucker sollte bei einer Botswana-Safari übrigens stets griffbereit sein. Die Fahrwege im weitläufigen Gelände des Sanctuary sind in recht gutem Zustand. Serowe, das größte Dorf des Landes, ist eine durchaus brauchbare Adresse, um Proviant und Ausrüstung zu ergänzen. Außerdem lebt hier der „Weltmeister der Museumsführer“ und herrscht über das Kahma III. Memorial Museum. Wer sich Zeit nimmt, erhält erstklassige Informationen über Landesgeschichte und Stammeskulturen aus erster Hand.

Afrikanischer Steppenelefant in Okavango
Afrikanischer Steppenelefant in OkavangoReuters

Okavangodelta ist Safari pur

Der Reiseabschnitt Serowe–Maun verlangt nach einer Zwischenübernachtung, eventuell mit Abstecher in die Makgadikgadi-Salzpfannen. Für das Okavango-Delta gilt: Besser nicht auf eigene Faust! Für leicht fortgeschrittene Afrika-Reisende ohne professionelle Begleitung sollte das Moremi-Wildreservat tabu sein. Perfekt geplant ist das Binnendelta des mächtigen Okavango aber ein Abenteuer fürs Leben. Ausgangspunkt ist auf jeden Fall Maun mit seinen Lodges, Restaurants, Läden aller Art. Und natürlich Safarianbietern. Von gutem Preis-Leistungs-Verhältnis mit Küchenbenützung darf man etwa bei Motsebe Backpackers ausgehen. Hier lässt sich auch der Kontakt zu Bushbaby Gamedrives herstellen. Edel-Lodges bieten All-inclusive-Delta-Pakete mit etwa 15 Minuten Anflugzeit im Kleinflugzeug an – na ja, halt eine Preisfrage.

Der Klassiker ist hingegen die Delta-Fahrt im Geländewagen mit dem Ziel Third Bridge Camp, einem Idyll für Selbstversorger mit sehr guter Zeltunterbringung. Das Camp ist durch keinerlei Absperrung von der Wildnis getrennt, da kann man auf dem Weg zur Toilette schon einmal einem Elefanten, Löwen oder Hyänen über den Weg laufen – und das ist nur im Film lustig. Auch um den Leoparden, der in einer Astgabelung seine Mahlzeit verzehrt, sollte man einen Bogen machen. Bekannt ist das legendäre Third Bridge aber nicht nur für spektakuläre Auge-in-Auge-Wildsichtungen, sondern auch für eine Kolonie frech-diebischer und unerschrockener Paviane, der Einsatz eines kräftigen Stocks ist im Fall des Falles kaum zu umgehen.

Felsmalereien an den steilen Wänden der Tsodilo Hills
Felsmalereien an den steilen Wänden der Tsodilo HillsImago

„Tanzende Penisse“

Weiter geht's von Maun in Richtung Tsodilo Hills. Um 1000 n. Chr. schuf das Volk der San – Buschleute – beeindruckende Felsmalereien in den steil aufragenden Wänden der Hills. Motive sind Jagdszenen, Tier- und Menschendarstellungen. Unter ihnen erlangte die Szene der „Tanzenden Penisse“ besondere Bedeutung. Nach Abfahrt von der Asphaltstraße, einige Kilometer vor Shakawe in Richtung Namibia erreicht man nach etwa fünfunddreißig Kilometern Waschrumpel das Tsodilo Hills Gate, hier kann man authentischen Ethnoschmuck der San erwerben.

Es gibt ein sehr einfaches Camp und somit die Gelegenheit, eine „Autonacht“ auszuprobieren. Die ganz besondere Atmosphäre der Umgebung lässt Gedanken an eventuelle Unbequemlichkeiten erst gar nicht aufkommen. Vom Eingang führt eine Sandpiste über einige Kilometer zum Einstieg in die Trails. Wer den Rino Trail über den „Femail Hill“ mit seinen insgesamt 4000 Zeichnungen (davon 350 zugänglich) samt An- und Abreise an einem Tag schaffen möchte, sollte früh ankommen. Die Tage im afrikanischen Winter sind kurz, die Dämmerung dauert nur wenige Minuten, und Autofahren in der Nacht sollte vermieden werden.

Chobe River und Victoriafälle

Große Elefantenherden, Nilpferde, Krokodile und Wasserbüffel vor einem Bilderbuchsonnenuntergang machen die Bootsfahrt über den Chobe unvergesslich, auch wenn das Drumherum recht touristisch anmutet. Wer schon einiges an Pirschfahrten (Game Drives) erlebt hat, kann im Zweifelsfall auf eine Landpartie Marke Gruppentransport verzichten. Ein Besuch der Victoriafälle ist ein Muss, der ziemlich nervige und teure Grenzübertritt zwischen Botswana und Zimbabwe für Privatautos lässt zu einer organisierten Tagestour mit dem Ausgangspunkt Kasane raten. Und wer die Rückreise nach Südafrika durch Zimbabwe plant, sollte unbedingt aktuelle Informationen bezüglich der Treibstoffversorgung und der Sicherheitslage einholen.

Auf einen Blick

Gabarone: Einen Städtetrip ist Botswanas Hauptstadt nicht wert. Etwa 30 Kilometer auswärts gibt es das familiäre Mokolodi Backpackers nahe dem Mokolodi Nature Reserve. www.backpackers.co.bw, admin@backpackers.co.bw

Serowe: Gepflegte Selbstversorgerunterkünfte (auch Restaurant) im Khama Rhino Sanctuary: www.khamarhinosanctuary.org.bw. Wer sparen will, findet im Valley Guesthouse (Tel.: +267/463 48 71) in Serowe eine moderate Übernachtungsmöglichkeit.

Maun: Hier ist die Zahl an Lodges ziemlich groß. Im Motsebe Backpackers am Thamalakane-Fluss schläft man preisgünstig in geräumigen Mietzelten mit Küchenbenützung (Tel.: +267/686 08 03). www.backpackers.co.bw 

Kasane: Am Chobe River sind die Lodges ziemlich hochpreisig. Als gute und preisgünstige Wahl dürfte ein geräumiges Mietzelt mit Terrasse und Grillplatz in der am Cuando-Fluss gelegenen Chobe Safari Lodge gelten: +267/625 03 83 oder +267/625 24 80.  reservations@chobesafarilodge.com,
www.pureafricaexperiences.com

Verpflegung: Eine Botswana-Reise stellt kein Versorgungsproblem dar. Besonders Fleischtiger kommen voll auf ihre Kosten. Treibstoffreserven empfohlen, der Sprit kommt über 93 Oktan meist nicht hinaus. SUV mit (Not-)Schlafmöglichkeit, Isomatte, Schlafsack, Repellents, Trinkwasser, Grillzeug und minimale Campingausrüstung schaffen Freiraum und Flexibilität.

Apotheken finden sich in den größeren Ortschaften; Herkömmliches kann problemlos gekauft werden, persönliche notwendige Medikamente aber mitbringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2016)

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