Schottland: Die Pyramiden des Nordens

Maeshowe
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Auf die Orkneys locken frühe Kultur und späte Barbarei: Hier wurden vor 5000 Jahren die ersten Steinkreise errichtet und hier versenkte 1919 die deutsche Flotte sich selbst.

"Wenn du eine Frau willst, lass Ingeborg rufen!" So könne man übersetzen, was auf Altnordisch an der Wand steht, versichert zumindest die kundige Führerin. Ein paar hundert Meter weiter steht dann etwas an einer Theke, was man ganz ohne Hilfe versteht: „Goes down better than the german fleet.“ So wird Scapa Special beworben, das Flaggship Pale Ale der Orkney-Inseln, dort hat am 21. Juni 1919 die deutsche Flotte versenkt, was von ihr geblieben war, 74 Schiffe: Sie waren interniert in Scapa Flow, einem natürlichen Hafen aus einigen Orkney-Inseln.
Dort lag früher die britische Flotte, und sie lag sicher, bis im Ersten Weltkrieg ein deutsches U-Boot eindrang. Deshalb blockierten die Briten einige kleine Zugänge, mit versenkten Schiffen, sie ragen noch aus dem Wasser. Aber im Zweiten Weltkrieg kam wieder ein Deutscher durch, Günther Prien mit seiner U-47, Goebbels' Propaganda kannte kein Halten. Aber Churchill kannte eines, er ließ die kleinen Zugänge zuschütten, von italienischen Kriegsgefangenen.

Über die Churchill Barriers!

Heute profitieren Touristen von den Churchill Barriers, sie sind zu Straßen ausgebaut und ermöglichen es, mit der raschen Fähre von Gills Bay überzusetzen (etwa eine Stunde, je nach Wetter). Dann können sich Freunde des Tauchsports dem größten aller zugänglichen Schiffsfriedhöfe zuwenden, sechs rosten noch vor sich hin. Und Freunde der Frühgeschichte ziehen ein wenig weiter, auf den Westteil der Hauptinsel. Von der Natur her ist sie eher mild, ein paar Hügel, ein wenig Steilküste im Westen. Aber von der Kultur her gibt es eben die altnordische Schrift an der Wand: Diese selbst ist 5000 Jahre alt, sie gehört zu einem Bauwerk, das zu Recht mit den Pyramiden verglichen wird: Maeshowe. Es ist auch eine Pyramide, kleiner als jene in Ägypten – im zentralen Innenraum etwa zwölf mal zwölf Meter – und grün überwachsen, von der Ferne her sieht es aus wie ein überdimensionierter Maulwurfshügel. Ihn hat eine unbekannte Kultur errichtet, gleich nebenan hat sie Steinkreise aufgestellt, etwa den Ring of Brodgar, er ist der größte und war der erste in ganz Großbritannien, von den Orkneys hat sich das bis hinab nach Stonehenge ausgebreitet.

Es gibt auch andere uralte Zeugen, Siedlungen in Scara Brae (privat, Eintrittsgebühr) und Broch of Gurness (staatlich, gratis), von den Erbauern weiß man wenig. Sie verschwanden im Dunkel der Geschichte. Aus diesem tauchten um das Jahr 1000 andere auf, Wikinger, sie entdeckten die Grabhügel, auch den ganz großen, sie verewigten sich an den Innenwänden mit Graffiti, Klosprüchen wie dem eingangs zitierten, auch Bedauern darüber, dass sie „keine Schätze“ gefunden hatten. Aber sie haben welche hinterlassen, eben die eingeritzten Runen, die Wände sind voll. Wie deren Steinplatten hergeschafft wurden, ist rätselhaft, sie sind riesig. Es gibt sie an der Küste, aber diese ist Meilen weg. Von dort mussten auch die noch größeren Steine für die Kreise her, ihre Reste stehen gleich neben dem Grab, dort wird auch eine größere Siedlung ausgegraben.

Vorsicht, Klaustrophobe!

Man kann zusehen, viel sieht man trotz Erklärung durch die Archäologen nicht, aber man atmet durch: In die Pyramide kommt man durch einen Gang, zehn Meter lang, einen Meter hoch. Und drinnen sitzen die Steine zwar seit 5000 Jahren akkurat aufeinander, aber! Gar nichts für Klaustrophobe ist die zweite (und kleinere) zugängliche Pyramide – Tomb of Eagles –, ihr Eingang ist keinen halben Meter hoch, man legt sich auf ein Wägelchen und hangelt sich ein Seil entlang.

Auf den Orkneys

Besichtigung: Für den geführten Gang in die Pyramide Maeshowe muss man sich anmelden, rechtzeitig!

Essen: Die Gastronomie der Insel ist ausbaufähig, in der Hauptstadt Kirkwall etwa ist man mit Take-away am besten bedient. Gut isst man hingegen im Standing Stones Hotel (direkt bei den archäologischen Schätzen) und, im Südosten der Insel, im Skerriesbistro, unweit des Tomb of Eagles.

Unterkunft: Großartiges B & B, unweit der

Schätze: Mill of Eyrland, heißt nicht nur so, ist eine alte Wassermühle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2016)

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