Göteborg: Kanelbullar statt Bratwurst

Anfang 2000 entstand die Idee, einen Lichterweg ins Leben zu rufen und in Liseberg weihnachtliches Flair zu verbreiten.
Anfang 2000 entstand die Idee, einen Lichterweg ins Leben zu rufen und in Liseberg weihnachtliches Flair zu verbreiten.Liseberg
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Noch vor 15 Jahren war der Advent in Göteborg trostlos. Seit dem Errichten des Ljusstråket und der Umgestaltung des Vergnügungsparks Liseberg zum Weihnachtsmarkt erstrahlt die Stadt wie eine „Heilige Lucia“.

Andreas Milstas Augen leuchten vor Freude über den weiß, gelb, rot, grün, blau und violett funkelnden Ljusstråket (Lichterweg). Rund 700 echte und künstliche Bäume, Brücken und Häuserfassaden glitzern um die Wette. Circa drei Kilometer zieht sich die weihnachtliche Beleuchtung von der Oper am Hafen über den Hauptboulevard Kungsportsavenyn bis zum Götaplatsen und weiter zum Freizeitpark Liseberg. „Bis vor 15 Jahren gab es im Winter kaum Tourismus, es herrschte tote Hose in Göteborg“, erzählt der Lichtdesigner: „Auch der größte skandinavische Vergnügungspark, Liseberg, hatte nur von April bis Oktober geöffnet.“

Wer heute an den Adventwochenenden durch das Zentrum der zweitgrößten schwedischen Stadt schlendert, läuft nicht mehr allein durch dunkle Gassen. Anfang 2000 entstand die Idee, einen Lichterweg ins Leben zu rufen und in Liseberg weihnachtliches Flair zu verbreiten. „Jedes Jahr hat der Ljusstråket ein anderes Motto“, sagt der 32-Jährige: „Meine Aufgabe ist es, dieses beleuchtungstechnisch umzusetzen.“ Seit mehr als zehn Jahren arbeitet er im Architekturbüro White, das auch die Gothia Towers, drei Glastürme in der Nähe des Eingangs zum Freizeitpark Liseberg, entwarf. Immer am ersten Freitag im Dezember wird die Julstaden (Weihnachtsstadt) in der Kungsportsavenyn am Götaplatsen vor dem Kunstmuseum eröffnet. „Das ist dann das i-Tüpfelchen unserer Göteborger Weihnachtsdeko“, sagt Andreas Milsta: „Einige Objekte und auch die fünf Millionen Lichter in Liseberg glitzern bereits ab Mitte November.“

Lussebulle und Hallongrotto

Göteborg mit dem größten Hafen Skandinaviens ist eine Großstadt mit Kleinstadtcharme. Das Zentrum der 500.000 Einwohner-Metropole lässt sich gut zu Fuß oder per Straßenbahn erkunden. Auf den zahlreichen Weihnachtsmärkten dominieren Kunsthandwerk und Designerwaren. Statt auf Bratwurst setzen die Schweden auf Süßigkeiten. Die Hauptstraße der Altstadt ist die Haga Nygata. Der Stadtteil entwickelte sich Mitte des 17. Jahrhunderts unterhalb der Festungsanlage Skansen Kronan, von der heute noch der achteckige Turm erhalten ist. Zunächst entstanden niedrige Holzhäuser. Wegen der Feuergefahr ersetzte man die meisten durch dreistöckige Gebäude, wobei das Erdgeschoß aus Stein errichtet wurde. Nur die beiden oberen Etagen weisen eine Holzverkleidung auf. Über 70 schmucke, individuelle Läden gibt es in Haga: Buchhandlungen, Antiquitäten-, Hut-, Strick- und Lederwarengeschäfte, Cafés wie Le Petit Café, Kringlan oder Hebbe Lelle. Auf Tischen vor den Eingängen türmen sich Kalorienbomben: Lussebulle (Safranbrötchen), Chokladbollar, Walnussküsse, Hallongrotto (Vanilletörtchen mit Himbeermarmelade) und Ingwerkekse. Die größten Kanelbullar (Zimtschnecken) Skandinaviens mit 25 Zentimetern Durchmesser gibt es im Café Husaren.

Markt im Kronhuset

Gegenüber der mächtigen Haga-Kirche schenkt Sanne Jensen vor dem Café Momi Glögg mit Pepparkaka – Glühwein mit Pfefferkuchengeschmack, Rosinen und Mandelblättchen – mit und ohne Alkohol aus. Sie ist Studentin an der Designhochschule HDK. „Dort gibt es einen Weihnachtsmarkt mit echten Hinguckern“, sagt Sanne: „Viele meiner Kommilitonen verkaufen ihre im Laufe des Semesters angefertigten Kreationen: Tonwaren, Silber- und Holzschmuck, ausgefallene Taschen, Kalender, Bilder, Weihnachtskarten.“

Mittelalterliches Flair verströmt der Markt im Kronhuset, dem ältesten öffentlichen Gebäude der Stadt, Mitte des 17. Jahrhunderts für militärische Zwecke und als Kornspeicher errichtet. In den umliegenden Langhäusern befanden sich die Werkstätten der Schmiede, Sattler, Dreher und Büchsenmacher. 1970 wurde der Komplex restauriert. Inzwischen haben wieder „Handwerker“ Einzug gehalten: Designer fertigen und präsentieren hier ihre Waren. Laura Didion aus München eröffnete vor sechs Jahren ihre Lederwarenwerkstatt. Sättel produziert sie keine mehr, dafür ausgefallene Taschen, Gürtel oder Kissen. Bei Mia Bäck gibt roter Lehm den Ton an. „Für die Weihnachtszeit töpfere ich Kerzenhalter und kleine Tassen für Glögg. Unser Glühwein wird nicht aus Bechern, sondern aus einer Art Moccatasse getrunken.“ Der eigentliche Weihnachtsmarkt findet im Hauptgebäude statt.

Gleich neben der Saluhallen, der größten Markthalle Göteborgs von 1889, befindet sich der Bootsanleger für eine Kanaltour zum Liseberg-Park. Rund 60 Gäste haben auf dem offenen Kahn Platz. Auch wenn ein Glögg im Fahrpreis enthalten ist und die vielen funkelnden Lichter eine romantische Atmosphäre verbreiten – 40 Minuten im offenen Boot können ohne Wolldecke bei null Grad ganz schön eisig sein. Doch beim Anblick von 700 glitzernden Bäumen wird den Gästen nach der Ankunft in Liseberg ganz sicher warm ums Herz.

Heimelige Holzhütten

22 Hektar umfasst der Vergnügungspark, der 1923 öffnete. Damit ist er wesentlich jünger als der Tivoli im dänischen Kopenhagen, aber mehr als doppelt so groß. Im Sommer dominieren Achterbahnen, Freifalltürme, aber auch Blumenrabatten. Das Wahrzeichen, das Riesenrad, ein Kettenkarussell, und Wurfbuden haben auch zur Adventszeit geöffnet. Dazwischen verteilen sich viele heimelig gestaltete Holzhütten, in denen Leckerbissen und Handwerkliches angeboten werden. Chöre und Musikgruppen präsentieren unbekannte Weihnachtslieder. Lappland wartet mit Rentierspezialitäten auf. Marinierte Heringe und Lachsvariationen sind Pflicht in einer schwedischen Hafenstadt. Rot-weiß gestreifte Polkagrisar (Zuckerstangen) glänzen ebenso wie Fudge-, Marshmallow- und Schokoladenkreationen in winterlich verzierten Verpackungen.

Christian und Marie-Therese Johansson gaben vor vier Jahren ihre sicheren Jobs auf und gründeten die Firma Mrs Curlie's. „Der Name entstand aufgrund der lockigen Haare meiner Frau“, sagt Christian. Inzwischen kreieren die beiden Jungunternehmer Karamelkonfekt in dreißig Geschmacksvarianten – mit Vanille, Zitrone, Banane, Heidelbeere, Kokos, Mint, Lakritz, Whisky oder Meersalz. „Da Großbritannien die Heimat der Weichtoffees ist, hatten wir die Idee, sie dort auch fertigen zu lassen. Wir entwerfen neue Nuancen und liefern die Rezepturen.“ Ein himmlisch europäischer Gaumengenuss.

GLÖGG, GLÖGG, GLÖGG

Anreise: Mit Austrian Airlines/Lufthansa von Wien über Frankfurt nach Göteborg, mit Air Berlin von Wien über Berlin-Tegel nach Göteborg.
www.austrian.com, www.airberlin.com

Die Stadt entdecken: Mit der Gothenburg City Card, erhältlich für 24, 48 und 72 Stunden, sind Straßenbahnfahrten, auch mit den historischen Straßenbahnwagen des Vereins Ringlinie (www.ringlinien.org), die samstags zwischen dem Hauptbahnhof und Liseberg pendeln, Museen, Bootsfahrten (stromma.se/merrychristmas), Eintritt in den Liseberg-Park u. v. m. kostenlos. Sie umfasst auch Vergünstigungen für den Flughafenbus. Die 48-Stunden-Karte gibt es für Erwachsene für 375 SEK (ca. 39 Euro), für Kinder bis 17 Jahre für 245 SEK (ca. 26 Euro). Erhältlich unter goteborg.com/en/citycard oder am Flughafen und in Touristinformationen in Göteborg.

Die komplette Lichtillumination des Lichterwegs beginnt am ersten Freitag im Dezember und endet am zweiten Jännerwochenende: goteborg.com/en/christmascity

Schlafen. Hotel Scandic Rubinen: Modern gestaltetes und 2014 renoviertes Hotel direkt am Ljusstråket (Lichterweg). Großer Frühstücksraum mit Panoramafenstern auf die Avenue. Dachterrasse im siebenten Stock. Bar und Restaurant Ruby 24 Stunden lang geöffnet. Kostenloses WLAN. 15 Minuten Gehweg zum Vergnügungspark Liseberg. Kungsportsavenyn 24 www.scandichotels.com 

Hotel Opera: Modernes Viersternehotel zentral in der Innenstadt und in Bahnhofsnähe gelegen. Kostenloses WLAN. Kurzer Fußweg zum Hafen. Straßenbahn Richtung Vergnügungspark Liseberg (ca. zwei Kilometer entfernt) vom Bahnhofsvorplatz. Nils Ericsonsgatan 23, www.grandhotelopera.se

Essen & Trinken. Hos Pelle: Kleines Gourmet-Bistro unweit der Altstadt Haga am Fuß des Turms der ehemaligen Festungsanlage Skansen Kronan. Schwedische Husmanskost. Weihnachtsmenüs. Djupedalsgatan 2, www.hospelle.com

Wärdshus Liseberg: Gourmetrestaurant im Freizeitpark Liseberg. Nähe Parkeingang/Riesenrad. Weihnachtsmenüs mit großem Dessertbuffet. www.liseberg.se

Sjöbaren: Gemütliches kleines Restaurant in der Altstadt Haga mit Außenplätzen im Hinterhof. Delikate Fischgerichte. Haga Nygata 25
www.sjobaren.se

Café Husaren: Café in einem historischen Altstadthaus in der Haga Nygata in Haga. Hier soll es die größten (25 Zentimeter Durchmesser) Zimtschnecken – Kanelbullar – Schwedens geben. Haga Nygata 24, www.cafehusaren.se

Café da Matteo Magasinsgatan: Rustikales Café mit eigener Rösterei und Bäckerei. Kuchen, kleine Snacks und Suppen. Außenplätze im Hinterhof. Über die Stadt verteilt gibt es mehrere Da-Matteo-Cafés. Magasinsgatan 17A
Tel.: +46/(0)31/13 05 15, www.damatteo.se/kafe

Compliance-Hinweis: Die Reise wurde von VisitSweden unterstützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2016)

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