Im Fokus: Oligarchen-Kids im Porträt

Sie sind Kinder, die sich alles leisten können. Aber sind sie glücklich? Fotografin Anna Skladmann hat den Nachwuchs russischer Milliardäre porträtiert.

Jakob steht vor dem Fernseher und ballert auf Ballerinas. In seiner Hand liegt eine Kalaschnikow, eine echte, wie sie im Zweiten Weltkrieg verwendet wurde. Die sammelt Jakob nämlich. Genauso wie Kuscheltiere. In seinem Zimmer finden sich ebenso viele Plüschfiguren wie Waffen. Im Hintergrund läuft der Kulturkanal im goldumrahmten Fernseher, den hat die Großmutter vor dem Fotoshooting noch schnell eingeschaltet. Vielleicht, um dem Ensemble die Härte zu nehmen.

Es sind „Little Adults“, kleine Erwachsene, die die deutsch-russische Fotografin Anna Skladmann 2009 in Russland für ihren gleichnamigen Bildband fotografiert hat. Die Kinder der neuen russischen Oberschicht: Milliardäre, Oligarchen, Schauspieler und Restaurantbesitzer. Die Bilder, die Skladmann von den kleinen Großen zeigt, könnten symbolhafter nicht sein: Da ist Arina, die als kleine Lady vor der Oldtimer- Sammlung ihres Vaters posiert, oder Alisia, die im Pelzgeschäft ihrer Mutter bereits modelt. Nach dem Shooting bricht sie weinend zusammen. Der Druck war zu groß. 

Mit ihren Fotos schafft Skladmann den Zugang zu der reichen Welt der russischen Oberschicht, die für einen Europäer eher befremdlich wirkt. Hier werden Villen wie Kartonhäuser aus dem Boden gestampft, Design-Kleider in meterlangen Schränken gehortet, und mittendrin befinden sich die Kinder, für die Heimkinos, Rennpferde und Luxusspielzeug zum Alltag zählen. Und trotzdem wirken diese seltsam fehl am Platz. So, als wären sie Statisten in einem Film, der nicht der ihre ist. Traurig sehen sie aus. Da kann auch das Leben im Überfluss nicht helfen. Tatsächlich spiegeln die Fotos sehr gut das Dilemma wider, in dem Russlands Elite von morgen groß wird. „Sie leben in einer eigenen, abgeschlossenen Welt“, sagte Skladmann zum deutschen Magazin „Spiegel“. Von ihren Eltern würden sie nur das Beste bekommen, wie Sprachunterricht, Tennisunterricht oder private Schwimmstunden. Aber damit ist auch das Leben der Kinder sehr geplant und strukturiert. „Das zwingt sie, früher erwachsen zu werden“, meint die Fotografin.

Pompöse Inszenierung.
Für die Fotos durften sich die Kinder zum Teil selbst in Szene setzen, zum Teil fand Skladmann eine penible Inszenierung vor, die von den Müttern der Kinder arrangiert worden war: „Als ich Eva (Anm.: außen rechts auf dem Divan) fotografieren wollte, waren ihre Eltern nicht zu Hause. Alle ihre Kleider waren für das Shooting schon aufgereiht. Mit ihr musste ich mir einen richtigen Kampf liefern um die Autorität“, erzählt Skladmann. Die zum Teil pompöse Inszenierung ist ebenfalls Skladmann zu verdanken, die trotz ihrer russischen Wurzeln erst im Jahr 2000 zum ersten Mal in Russland war. Die Bilder spiegeln auch ihre eigene Vorstellung von dem Land wider. Eine Welt, die sie sich lange Zeit in den buntesten Farben ausgemalt hat. Wie es weitergeht mit den russischen Kindern, wird sich in zehn Jahren zeigen. Dann plant Skladmann, sie noch einmal zu fotografieren. Ob sie sich dann wohl einen anderen Platz in der Welt gesucht haben?

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