Die Ich-Pleite: Gequälte Seele

Früher ist man zur Hausärztin gegangen, wenn man Kopfschmerzen hatte, und sie hat einem Schmerzmittel verschrieben.

Früher ist man zur Hausärztin gegangen, wenn man Kopfschmerzen hatte, und sie hat einem Schmerzmittel verschrieben. Heute sagt jede Ärztin, die ein bisschen etwas auf sich hält: Ja keine Tablette nehmen! Denn Schmerzmittel behandeln das Kopfweh nur an der Oberfläche und nicht da, wo es eigentlich entstanden ist. Tief drinnen in der gequälten Seele des Patienten. Dort, wo er noch immer daran laboriert, dass er im Kindergarten wegen seiner rosa Mädchentasche ausgelacht worden ist. Davon kommt sein schlechtes Selbstbewusstsein. Und von seinem schlechten Selbstbewusstsein kommen seine Kopfschmerzen. Der Mensch ist nämlich kein Auto, bei dem man eine Delle ausklopft, die beim Parken entstanden ist. Sondern der Mensch ist ein Auto, bei dem man den Seitenspiegel anders positioniert, damit es nicht noch einmal passiert. Wer zum Beispiel häufig Hautprobleme hat, kann zur Hautärztin gehen, aber helfen würde es mehr, wenn er den Job wechselte oder seine Beziehung. Sicher, davon bekommt er vielleicht dann Rückenprobleme. Weil Beziehungswechsel ist selten ohne Stress möglich, und Stress ist prädestiniert für Rückenverspannungen. Und durch die Rückenverspannung geht man schief. Und wenn man schief geht, können einem leicht einmal die Zehennägel einwachsen. Und das Erste, was die Fußpflegerin dann zu einem sagt, ist: Haben Sie vielleicht als Kind mit einer Mädchentasche in den Kindergarten gehen müssen? Und ehe man sich’s versieht, heult man der Fußpflegerin etwas vor, und sie empfiehlt einem, das Mädchentaschentrauma aufzuarbeiten. Bei einer Familienaufstellung zum Beispiel. Oder einem Retreat. Kein Wunder, dass Männer nicht zum Arzt gehen wollen.

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