Die Ich-Pleite: Fremdsprache

Manchmal haben die Großmütter doch recht, die immer sagen: Man weiß nicht, wofür’s gut ist.

Liebeskummer, die Masern, ein kaputter Rußfilter im Auto. Aber wenn sie sagen: Lernts was Gscheits, haben sie nicht immer recht. Zum Beispiel kann es besser sein, wenn man im Englischunterricht nicht besonders gut aufgepasst hat. Oder im Unterricht vielleicht schon, aber danach keinen Ehrgeiz hatte, die Sprache durch Oxford-Diplome oder Auslandssemester, bis zu near-native zu vervollkommnen. Manche gehen ins Ausland, heiraten dort oder machen Karriere und verlernen ihre eigene Muttersprache. Aber das wäre nicht gut. Denn dann verspielen sie womöglich den Vorteil, den ihnen die Fremdsprache verschafft hätte. Versuche haben nämlich gezeigt, dass Menschen in einer Fremdsprache skrupelloser sind. Die Forscher vermuten, das liegt am zarten Alter, in dem wir unsere Muttersprache gelernt haben. Damals waren wir noch leicht zu rühren. Wenn erwachsene Versuchspersonen in der Muttersprache entscheiden sollen, ob sie einen Menschen vor einen Zug werfen, um 20 andere zu retten, dann können sie sich nicht dazu durchringen. Lässt man sie dasselbe auf Englisch machen, sagen sie hingegen: „Man muss das Ergebnis sehen! 19 überleben, einer muss daran glauben – don’t look back!“ Die Fremdsprache enthemmt den Beißreflex. Das ist gut fürs Geschäft. Nehmen wir einen internationalen Konzern. Wenn alle in einer Fremdsprache miteinander reden, außer vielleicht die Amerikaner, aber die haben gute Zähne, sagt man viel eher einmal: „Oh sorry! This was a collateral damage!“ Oder: „This banking institution is too big to fail.“ Oder: „Carinthia, assume a provincial guarantee.“ Okay, das Letzte war jetzt ein schlechtes Beispiel.

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

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