Die Ich-Pleite: Masturdating

Es gibt einen neuen Trend. Er heißt „Masturdating“. Man könnte auch Alleinausgehen dazu sagen, aber das wäre nicht dasselbe.

Masturdating (setzt sich zusammen aus Masturbation und Dating) klingt im ersten Moment traurig, aber wenn man es sich genauer überlegt, hat es Vorteile. Es passiert genau das, was man will, und man muss sich vor niemandem rechtfertigen. Man kann es schon verstehen, dass die jungen Menschen, vor allem in Japan, immer öfter das zeit- und nervenschonende Mastur­dating bevorzugen.

Dadurch erspart man sich zum Beispiel Diskussionen.
Kein Mensch wirft einem vor, dass einem immer nur Essengehen einfällt oder der Besuch einer Holocaust-Gedenkstätte. Man kann sogar dreimal hintereinander in dasselbe Lokal gehen, immer stundenlang auf die Speisekarte starren und dann dasselbe bestellen wie beim letzten und vorletzten Mal.

Man kann sich vorher die Haare (ver-)färben, und niemand hält einem vor, dass man nicht mehr 13 ist. Man kann ein Kleidungsstück anziehen, das vielleicht drei Nummern zu groß ist, um sexy zu sein. Und man kann im Lokal dreimal den Tisch wechseln, weil es einmal zieht, einmal zu hell ist und einmal komische Menschen neben einem sitzen.

Man kann sogar heimlich sein mitgebrachtes, garantiert weißmehlfreies Brot auspacken, und kein Gegenüber wird spötteln, dass man ihn an seine Großtante erinnert. Man kann ein Achterl Rotwein bestellen, und kein besorgter Begleiter wird einen mit dem guten Rat belästigen, dass sich Alkohol und Anti-Allergiemittel nicht vertragen. Keinen Menschen wird es stören, dass man ab dem eineinhalbsten Achterl zu viel redet, zu laut lacht und zum Angeben und Beichten neigt. Schade eigentlich.

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

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