Die Ich-Pleite: Sommerzeit

Mit dem Sommer ist es wie mit der Liebe. Die meisten erwarten sich zu viel.

Ich bin keine Paartherapeutin, aber ich glaube, man soll den Sommer lieben, wie er ist. Sicher, das sagt sich jetzt leicht, wo noch nicht entschieden ist, was beim alljährlichen Azorenhochpoker herauskommen wird. Wir könnten verlieren und statt der sechs Wochen Sonnenschein regnet es mehr als im ganzen Frühling. Okay, das ist nicht sehr wahrscheinlich. Aber die Urlaubsbudget-halbierende Investition in Außenjalousien könnte sich als verfehlt herausstellen. In diesem Fall würde man sich natürlich wünschen, dass man stattdessen vier Wochen mit einem Segelschiff am Mittelmeer herumgegondelt wäre. Aber es kann genauso gut umgekehrt sein: Die Hitzewellen vom vergangenen Jahr wiederholen sich oder werden noch ärger, und man entdeckt, dass die Außenjalousien doch nicht so viel bringen wie das Prospekt versprochen hat. Dann würde man finanzenschonend in einem Wohnwagen am Attersee sitzen, und das wäre dann genau die Woche, in der es den verzweifelt herbeigesehnten Regen gibt. Den Campingtisch würde es einem wegschwemmen, die Gelsen würden einen niederstechen, und das Ge­spons würde einen damit nerven, dass es gleich gesagt hat, dass die Jalousien nichts bringen und man stattdessen lieber nach Schweden geflogen wäre. „Da gibt es aber heuer auch Rekordhitze!“, würde man zurückgranteln. Und dann über den Sommer schimpfen. Dass das ja keine Sommer mehr sind heutzutage. Mir, wenn ich Sommer wäre, wäre das zu viel Druck. Ich würde den Leuten sagen: „Ich bin eine Jahreszeit und kein Paradies auf Erden! Ich habe gute und schlechte Tage. Wie jeder! Außerdem“, würde ich anmerken, „besser als der Frühling bin ich bestimmt!“

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.