Die Ich-Pleite: Haartracht

Früher einmal hat man geglaubt, das Alter eines Menschen könne man an der Haarfarbe erkennen – hellblond, dunkelblond, mausblond, friedhofsblond.

Heute ist das natürlich anders. Kein Mensch lässt mehr der Natur freien Lauf. Dazu gibt es in jedem Drogeriemarkt zu viele bunte Verlockungen. Aber das Alter einer Frau kann man immer noch an ihrer Haarfarbe ablesen. Nur nicht am Grauanteil. Der ist nämlich mit 16 am höchsten, wenn die Trägerin ein Foto von Kelly Osbourne oder Lady Gaga mit silbergrauem Haar gesehen hat. Die Haarbiografie orientiert sich vielleicht mehr an den Hormonen. Vielleicht sind sie sogar unsere wahren Farbberaterinnen. Mit zwölf raten sie uns zu einem süßen „Papas Liebling“-Prinzessinnenrosa, weil es so gut zur Lillifee-Schultasche passt. Ein paar Jahre später zeigen sie der Welt mit einem aufmüpfigen Ihr-könnt-mich-mal-Blau oder Schiach-ist-das-neue-Schön-Grün, dass Geschirrspülerausräumen extrem uncool ist und Fleischesser gefühllose Kannibalen sind. Während des Studiums wird die Haartracht politisch – oder nicht. Je nach Studienrichtung reicht die Palette von einem sanften Rettet-die-Wale-Dreadlocks-Braun über ein kräftiges „Nieder mit dem Neoliberalismus!“-Rot und einem kultigen In-meiner-Garage-hab-ich-eine-Band-Pechschwarz bis zu den ehrgeizigen Hillary-Clinton-möchte-ich-einmal-werden-Strähnchen. Früher oder später landen allerdings die meisten Frauen beim pragmatischen rötlichen, bräunlichen oder blondlichen Aufpeppen ihres ursprünglichen Haartons. Wahrscheinlich, weil die Hormone keine Zeit mehr für das Haarfarbenthema haben. Weil Kinder, Karriere, Ehe, Scheidung. Danach wird das Leben wieder bunter: Yogarunden-Violett, Pilgerweg-Purpur oder Hobby-Töpferinnen-Lila.

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