Randerscheinung: Weltherrschaft

Gegen Ende der Unterstufe hat also der Mittlere erstmals einen konkreten Berufswunsch geäußert.

Gegen Ende der Unterstufe hat also der Mittlere erstmals einen konkreten Berufswunsch geäußert. „Ich strebe die Weltherrschaft an“, sagt er beiläufig am Küchentisch, während er ein Micky-Maus-Heft liest. Er habe mit ein paar Freunden begonnen, ein Netz aufzubauen, das später einmal weltumspannenden Einfluss haben werde. Über jede Ambition der Buben erfreut, erkundige ich mich nur, ob die anderen im Netzwerk mit ihm als Weltherrscher einverstanden seien? „Nein, davon dürfen die natürlich nichts wissen, ich ziehe die Fäden im Hintergrund, bis ich vollendete Tatsachen geschaffen habe.“ Auch am unteren Ende der Nachwuchskette sind die Zukunftspläne schon recht konkret. Der Jüngste will Fußballer werden. Und während sein Karriereplan auf Vereinsebene schon feststeht (Wacker, Barcelona, Bayern München), ist er die Nationalmannschaft betreffend noch im Wiglwagl. Ob er später einmal für Deutschland oder Belgien spielen könne, will er wissen. Österreich ist offenbar gar keine Variante. Der Älteste, der kurz vor der Matura steht, ist, was die Berufspläne angeht, da schon deutlich vager. Er könnte jetzt natürlich irgendein Studium nennen, damit alle beruhigt wären, wie das die meisten in seinem Alter machen. Doch wem wäre damit gedient? Tja. Für dieses Auf-Zeit-Spielen, was die Berufswahl angeht, könnte er bei niemandem mehr Verständnis finden als bei seinem Vater. Bis heute antworte ich auf die obligatorische Frage, was ich denn so tue, nie mit einer konkreten Berufsbezeichnung (z. B. „Ich bin Journalist“), sondern immer mit der unbestimmteren Variante: „Ich arbeite bei einer Zeitung.“ Man weiß ja nie, was noch kommt. Vielleich findet sich im Rahmen der Weltherrschaft meines Sohnes noch irgendwo ein Platzerl für mich.

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