Randerscheinung: Gepunkterlt

"Ich bin ein kleines Häufchen Elend", seufzt der Mittlere. In Wahrheit ist er ein ordentlich großer Haufen Elend und wirklich arm, weil er sich nämlich doch noch die Feuchtblattern eingefangen hat.

Mit knapp 14 Jahren. Die Blattern hat offenbar der Jüngste unbemerkt aus dem Kindergarten eingeschleppt. Dort hängen seit Wochen abwechselnd die Warnhinweise "Feuchtblattern in Gruppe 4", dann in Gruppe 2, kurz unterbrochen von "Scharlach in Gruppe 1 und 3", schließlich steht dort nur "Feuchtblattern". Offenbar endgültig überall. Aber weil der Jüngste die Blattern schon einmal leicht gehabt hat, alle anderen sowieso (haben wir zumindest geglaubt) und man Scharlach immer wieder bekommen kann, hat das niemanden sonderlich interessiert. Wobei es andererseits auch nix geändert hätte, wenn es jemanden interessiert hätte. Bei Feuchtblattern ist ja nicht nur unsicher, ob man sie schon richtig genug gehabt hat, um sie nicht wieder zu bekommen, sondern schon ein Problem, wie man überhaupt dazu sagt. "Sind das eigentlich Schafblattern?", fragt mich meine Schwester, die weit im Westen wohnt. Wobei ich als Kind auch noch Schafblattern hatte und mir irgendwie vorkommt, das war deutlich harmloser als diese fiesen Feuchtblattern. Windpocken, was mit Abstand am gefährlichsten klingt, gibt es ja Gott sei Dank überhaupt nur in Deutschland. Nachdem das Fieber endlich weg ist, bleibt die Frage, wann sich der Mittlere wieder unter Leute trauen kann, über und über gepunkterlt, wie er ist. Wir sind unschlüssig. Der Älteste bleibt da ziemlich ungerührt. Der Mittlere soll sich nicht so haben, so schauen in seinem Alter eh die Hälfte aller Jugendlichen aus ganz ohne Kinderkrankheit.

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.