Randerscheinung: Geduld

Der Jüngste will es gerade wieder etwas genauer wissen.

Viele Dinge, die schon einmal ziemlich reibungslos geklappt haben (ins Bett gehen, waschen, unkontrollierbare Dinge lieber nicht tun, hie und da auf das hören, was man ihm sagt), gehen im Moment überhaupt kein bisserl. Gar nicht. Was dazu führt, dass ich alles sehr oft sagen muss und leider beim vierten Mal nicht mehr ganz so geduldig bin wie noch bei den ersten Versuchen. Da es der Jüngste aber, wie gesagt, gerade genauer wissen will, führt Ungeduldigsein garantiert nicht zum Ziel. Eher im Gegenteil. "Wenn du alles so oft sagst, mach ich es auf gar keinen Fall", sagt er und schaut mich herausfordernd an. "Aber wenn ich es nur einmal sage, machst du es ja auch nicht", versuche ich es mit Logik. Umsonst: "Ich muss ja nicht immer alles gleich beim ersten Mal machen, was du sagst." "Eh nicht, aber dann muss ich es eben öfter sagen." Kurzum: Das führt zu nichts. Bin ich dann streng, bin ich meistens schon wütend und ungerecht, dann gibt es Tränen, und alles dauert noch viel länger. Das ist ein großes Erziehungsmysterium: Um streng bzw. konsequent zu sein, muss man innerlich gelassen sein (und am besten ein bisserl schmunzeln), doch wenn man gelassen ist, hat man keine Lust, streng zu sein. Später dann, beim Ins-Bett-Bringen das ärgste Theater ist vorbei , versuche ich es noch einmal mit einer Erklärung: "Schau, mit kleinen Buben kenn ich mich aus, ich weiß, wann die dringend ins Bett müssen, ich hab ja schon zwei andere." "Die Mama hat Buben, bei der waren wir im Bauch. Du hast nur die Mama ausgesucht." Gut, wir kommen heute nicht weiter. Ein paar Minuten später ist er eingeschlafen. Ich mache die Zimmertür leise zu. Ich hoffe, er weiß bald, was er wissen will ... 

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.