Randerscheinung: Lebensmittelverschwendung

Das mit dem Essen ist so eine Sache. Es gibt in unserer Familie fast nichts, was allen schmeckt.

Und wenn man dann das, was allen schmeckt, öfter kocht als das, was nur einigen schmeckt, was zwangsläufig so ist, weil nur so alle satt werden, heißt es dann: „Warum gibt’s eigentlich immer das Gleiche?“ Der Älteste isst kein Fleisch, der Mittlere genau vier Speisen, die auf eine ganz bestimmte Art zubereitet werden müssen, der Jüngste prinzipiell alles, nur oft gerade nicht dann, wenn es auf dem Tisch steht. Das erzähle ich auch, weil gerade überall die Kampagne gegen die Verschwendung von Lebensmitteln läuft. Das ist gut und richtig, auch wenn bei uns zu Hause Lebensmittel derzeit kaum Gelegenheit haben, schlecht zu werden: Der Kühlschrank ist immer leer, egal, wie viel man auch hineintut. Allerdings gibt es immer noch eine vermeintlich verwandte pädagogische Annäherung an das Thema Lebensmittelverschwendung: das Aufessenmüssen nämlich. Leider. Denn eines der Dinge, die man den Kindern im Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts so unbedingt beibringen muss wie das sichere Überqueren einer Straße, ist das richtige Essen. Das soll viel mit Spaß und Lust zu tun haben, mit Sich-etwas-Gutes-Tun und mit gemütlichem Zusammensitzen. Aber auch damit, ein Gefühl dafür zu bekommen, ob man überhaupt etwas essen will und wie viel davon, ob heute ein Stück Pizza reicht oder es diesmal eine ganze sein soll, dass der Hunger nämlich nicht immer gleich groß ist, auch wenn zufällig gerade Mittag ist, man mehr essen kann, wenn man sich bewegt hat, und Zucker, Salz und Fett generell mit Vorsicht zu genießen sind. Und vor allem kein anderes Kind irgendwo auf der Welt satt wird, nur weil man den eigenen Teller mit Ach und Krach leergegessen hat. Das Wetter wird übrigens auch nicht besser.

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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