Bruce Jenner aus dem Kardashian-Clan mutiert zur Frau – in einer TV-Realityserie.
Wien/Los Angeles. Womöglich fiel es ihm schwer, inmitten so viel praller Weiblichkeit seine Männlichkeit zu bewahren. War es männlicher Neid ob all der Rundungen, der Bruce Jenner dazu animiert hat, sich in eine Frau zu verwandeln? Der ehemalige Zehnkampf-Olympiasieger von Montreal 1976, wie John Travolta ein Sexsymbol der Disco-Ära der späten 1970er-Jahre und Vorbild für eine Generation von Leichtathleten, sorgt mit seiner Geschlechtsumwandlung derzeit in den USA für Furore – und endlich gelten die Schlagzeilen ihm allein und nicht seiner vielköpfigen, verzweigten Familie, den Kardashians.
In der Realityserie „Keeping Up with the Kardashians“, die den zweifelhaften Ruhm seiner Exfrau Kris und vor allem der drei Stieftöchter Kim, Khloé und Kourtney begründet hatte, spielte Jenner den leicht schrägen Patriarchen, eine Randfigur im Kardashian-Kosmos. Mehr noch als Paris Hilton, die Erbin der Hoteldynastie, sind die Kardashians eigentlich nur aus einem Grund berühmt – nämlich dafür, berühmt zu sein. Und auch dafür, dass ihnen keine Peinlichkeit zu peinlich ist.
Inzwischen haben sie jedoch ein Mode-Kosmetik-Schmuck-Imperium geschaffen, Millionen-Dollar-Verträge für Bücher, TV-Serien, Fitness- und Gesundheitsprogramme gescheffelt und ihren Celebrity-Status durch die Heirat mit dem Basketballer Lamar Odom oder dem Sänger Kanye West gesteigert.
Bruce Jenner hatte 1991 in den Kardashian-Clan eingeheiratet, vier Kinder aus zwei Ehen in die Patchworkfamilie eingebracht und mit der Exfrau des OJ-Simpson-Anwalts Robert Kardashian zwei weitere gezeugt. Seit Kurzem ist er geschieden, wegen unüberbrückbarer Differenzen, wie es im Juristenjargon heißt.
In den vergangenen Jahren hatte er sich einer reichlichen Botoxbehandlung unterzogen, die Haare wuchsen zum Pferdeschwanz, die Fingernägel schillern in Pastelltönen, und unter dem Poloshirt wuchsen weibliche Wölbungen. Kein Wunder, dass der 65-Jährige seine Transformation nun selbst in einer Realityserie vorführt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2015)