Gipfeltreffen der Clownfrauen: Steinbeck, Bitches und Anne Frank

(c) Bettina Frenzel
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Pamela Schartner und Gaby Pflügl veranstalten zum fünften Mal das „Clownin“. Es ist mittlerweile das größte Clownfrauenfestival der Welt.

Süper kommt aus der Türkei und ist wahrlich eine Superfrau – sie kann sich nämlich in alles verwandeln. Die ideale Mutter, die ideale Feministin, die ideale Bitch, je nachdem. Morro und Jasp aus Kanada spüren die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Wenn man von der Komödie nicht leben kann, dann vielleicht von der Tragödie? Weshalb die Clownschwestern nun mit Steinbecks „Of Mice and Men“ auf der Bühne stehen. Und dann ist da – zum Beispiel – noch Claudia Cantone aus Italien. 17 Jahre lang war sie Polizistin in Rom, dann begann sie mit der Clownsausbildung, gründete die Enclownadas und tourt mit vier Soloshows durch Europa. In Wien erzählt sie, ohne Worte, die Geschichte der Anne Frank.

Der Blick ins Programm des am Freitag startenden Clownfrauenfestivals zeigt zweierlei: Dass Clowns ganze Geschichten erzählen können. Und dass Clowns nicht nur Klamauk bedeuten müssen. Aber gleich Anne Frank? „Das ist tatsächlich lustig“, sagt Organisatorin Pamela Schartner. „Man muss natürlich darüber diskutieren dürfen, ob Clownerie das kann oder nicht kann. Wir finden, sie kann's.“

Alle zwei Jahre veranstaltet Schartner gemeinsam mit Gaby Pflügl das Festival. Zuletzt gab es ein Jahr kreative Pause mehr, Pflügl hatte sich ein halbes Jahr Auszeit genommen, um durch Südamerika zu fahren: „Dort kann man jede Woche ein anderes Clownfestival besuchen.“ 80 Prozent der auftretenden Künstler dort sind Männer. Weibliche Clowns, sagt Schartner, galten lang als eher schwer vermittelbar, „weil ein Clown als männlich wahrgenommen wird“. Hier halten die Clowns der Gesellschaft den Spiegel wohl eher unfreiwillig vor. Was für die vielen Clownfrauen bleibt, ist wie üblich der Sozialbereich: Bei Organisationen wie den Roten Nasen sind sie häufig vertreten.

Seit der ersten Ausgabe von „Clownin“ 2006 sind international ein paar Festivals dazugekommen, andere wieder weggefallen. „Es ist ein schweres Geschäft.“ Schartner und Pflügl (sie arbeiten eigentlich im Content Management bzw. bei einer NGO) organisieren das Treffen in ihrer Freizeit – aus Liebe zu den Clowns. Gepackt hatte sie die Begeisterung, als sie gemeinsam als Technikerinnen mit einer Clownfrau auf Tour waren. „Wir haben das Stück sicher 30 Mal gesehen, und es war jedes Mal noch lustiger“, erinnert sich Schartner. „Und wie das so ist: Wir sind im Kaffeehaus gesessen und haben uns gedacht, was können wir machen, damit wir das öfter haben?“

Nichts für den Kindergeburtstag

Möglich wurde das Festival dank Barbara Klein, die mit dem KosmosTheater Bühne und Festivalzentrale bietet. „Sie hat den Mut gehabt, sich auf das Ungewisse einzulassen“, sagt Schartner. „Wir wussten ja nicht: Kommt da wer, wenn wir Clowns für Erwachsene auftreten lassen? Aber das war ja der Grund fürs Festival: die Clowns aus der Kindergeburtstagsecke zu holen.“ Schon die Premiere war nahezu ausverkauft. „Das hat uns schon sehr überrascht.“

Mittlerweile ist Wien, mit neun Tagen und (meist) je zwei Vorstellungen, das längste und internationalste Festival der Welt. 32 Künstlerinnen aus 15 Ländern sind dabei und – auch das ist speziell – die ganze Zeit anwesend, „weil es auch um Vernetzung geht“. Das heurige Programm sei „mutig, weil wir alle großen Stars schon durchhaben. Aber wir glauben, wir haben viele neue Perlen dabei.“ Zum zweiten Mal hat sich auch eine Scoutin des Cirque du Soleil angekündigt. „Das“, sagt Pamela Schartner, „ist ja auch net nix.“

AUF EINEN BLICK

Pamela Schartner und Gaby Pflügl veranstalten das Clownfrauenfestival „Clownin“, das Stücke für Erwachsene zeigt und auch Clown-Phobien entgegenwirken will. Erwartet werden Künstlerinnen aus Europa, Japan, Russland, der Türkei und Nord- und Südamerika. Dazu kommen (erstmals zwei) Publikumsworkshops und ein Diskurstag zum Einsatz von Clowns in Krisen. 27. November bis 5. Dezember. www.clownin.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2015)

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