Die Bauern kommen in die Stadt: Ab-Hof-Fleischerei in Hernals

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit dem Ab Hof hat im 17. Bezirk eine kleine Fleischerei eröffnet, in der eine Bauerngemeinschaft aus dem Waldviertel ihre Produkte verkauft.

Normalerweise ist eher das Gegenteil der Fall. Den Greißler gibt es nicht mehr, ebenso wenig wie den Fleischer oder den Bäcker. Ein alter Schriftzug an der Hauswand erinnert daran, dass hier vor vielen Jahrzehnten einmal Milch verkauft wurde. Vor allem in der Vorstadt sind kleine Nahversorger selten, stattdessen wird im Supermarkt gekauft. Manchmal ist es aber auch anders, besser gesagt genau umgekehrt. Etwa dann, wenn ein paar Bauern in einem Bezirk außerhalb des Gürtels eine Fleischerei eröffnen.

Die Bauerngemeinschaft Bioviertel aus dem Waldviertel hat dieser Tage am Elterleinplatz in Hernals eine kleine Biofleischerei namens Ab Hof eröffnet. „Ich habe das nur über Facebook angekündigt und ein paar Flyer verteilt, aber es war wirklich viel los“, sagt Roland Hemelmayr, der beim Bioviertel für den Verkauf zuständig ist. Eine kleine Starthilfe hatte die Vertriebsgemeinschaft allerdings schon. Immerhin betreiben sie seit rund drei Jahren eine Fleischerei auf dem Vorgartenmarkt im zweiten Bezirk. Auch auf Bauernmärkten ist das Bioviertel anzutreffen.

Die Wiener und das gute Gewissen

Fünf Bauern aus dem Yspertal im südlichen Waldviertel liefern nun also Biofleisch von Kalb, Ochs, Lamm und Schwein sowie (allerdings nicht biozertifizierten) Fisch in die Stadt. „Mein Chef, Friedrich Grabner, ein gelernter Bäcker, hat vor ein paar Jahren die Idee dazu gehabt. Man unterstützt sich gegenseitig, allein hätten es die Bauern auch schwer“, sagt Hemelmayer. Und auch wenn man preislich für die Stadt nicht allzu hoch liege: „Auf dem Land zahlt man solche Preise nicht so einfach.“ (Ein Kilogramm Schnitzelfleisch vom Schwein wird hier etwa um 14 Euro verkauft.) Also hat man eben die Wiener als Kunden schätzen gelernt. Die würden sich auch eher für eine artgerechte Haltung, stressfreie Schlachtung und ganz generell soziale Verantwortung interessieren, meint Hemelmayr. Er selbst war früher übrigens Vegetarier und immer schon im Verkauft tätig. „Alles Mögliche“ habe er verkauft, unter anderem auch billige, in Asien produzierte Textilien. Auch das habe ihn zum Umdenken gebracht. Heute isst er gern Fleisch. „Aber nur solches, das ich vorher auch streicheln konnte.“

Geschlachtet wird das Fleisch nicht direkt auf den Höfen, sondern von Fleischer Johannes Weitzenböck in Münichreith. „Der ist nicht weit weg von den Betrieben und wirklich klein. Unserem Fleischer ist es wichtig, dass die Tiere einen anständigen Tod haben. Er sagt, er will am Abend seiner Frau und seinen Kindern in die Augen schauen können.“

Wobei es den Bioviertlern offenbar nicht nur um das gute Gewissen geht, sondern auch um gute Produkte. „Unsere Produkte verursachen kein Sodbrennen und keine Magenschmerzen“, steht auf einem Zettel an der Fleischvitrine geschrieben. „Wir arbeiten ohne Phosphat, Nitrate und Zusatzstoffe“, sagt Hemelmayr stolz, und bringt auch gleich ein Beispiel aus dem Haushalt seines Chefs. „Der lebt nämlich mit seiner Mutter und seiner Schwiegermutter zusammen, beide sind über 90 und hatten Probleme mit dem Essen. Seit sie nur noch Biofleisch essen, geht es ihnen viel besser.“

Verkauft werden neben Frischfleisch auch verarbeitete Produkte wie Blunzen, Speckknödel, Waldviertler Saumeisen sowie diverse Würste. Der Ochsenleberkäse und die Blunzen seien besonders beliebt. Innereien (so wie auch generell spezielle Stücke) gebe es auf Bestellung. Außerdem wird auch Brot verkauft – „das macht die Frau vom Fleischer“ – ein paar Weine sowie Wachauer Kracherl und Bier. „Waldviertler Bier. Das ist zwar nicht bio, aber regional. Regional ist das neue Bio“, sagt Hemelmayr.

Für die Grillsaison will sich das Bioviertel noch mit einer Reifekammer und einer Fleischbandsäge rüsten, um Koteletts mit Knochen zu schneiden oder auch T-Bone-Steaks anzubieten. Man sei zufrieden mit dem Geschäft, sagt Hemelmayr. Aber ein drittes Geschäftslokal würde noch fehlen. „Etwas in der Mitte von Wien wäre gut, im 5. bis 9. Bezirk.“

AUF EINEN BLICK

Ab Hof heißt eine neue Fleischerei in Hernals. Dahinter steht das Bioviertel, eine Vertriebsgemeinschaft von fünf Bauern aus dem Yspertal im südlichen Waldviertel. Das Bioviertel betreibt seit 2013 eine Fleischerei auf dem Vorgartenmarkt und ist hin und wieder auf Bauernmärkten anzutreffen. Seit zwei Wochen wird auch im 17. Bezirk Biofleisch von Schwein, Ochs, Kalb und Lamm sowie (nicht biozertifizierter) Naturfisch und manchmal auch Bauernbrot verkauft.
Jörgerstraße 56–58, 1170 Wien, (Di bis Fr 9–19 Uhr, Sa 9–15 Uhr), www.bio4tel.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2016)

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