Ein humanitärer Fackelträger aus dem Kennedy-Clan

(c) GEPA pictures / Philipp Brem
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Tim Shriver, Schwarzeneggers Schwager, bringt die Winterspiele im März neuerlich in die Steiermark. Er geht auf Distanz zur US-Politik.

Selbst wenn er wollte, könnte Tim Shriver seine Herkunft aus dem Kennedy-Clan nicht verleugnen. Die Mähne, die Gesichtszüge, das Lächeln, die blitzende Zahnreihe: All dies erinnert an seine Onkeln John, Robert und Ted, und es macht einen Teil des Kennedy-Charismas aus, das auch der 57-jährige Präsident der Special Olympics versprüht, als er am Montagabend im Haus des Sports in Wien bei einer Promotiontour für die Winterspiele für Menschen mit intellektueller Behinderung im März 2017 in der Steiermark die Begeisterung weckt.

Wie er das Publikum zu Ovationen für die Sportler hinreißt, wie ihm Menschen mit Down Syndrom zuwinken, das macht ihm hierzulande so schnell niemand nach. Die Magie des Namens Kennedy lockt auch Prominenz für die gute Sache an: Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen sitzt bei der Präsentation in der ersten Reihe, Bundeskanzler Christian Kern schickt eine Video-Grußbotschaft und Rose May Alaba beschließt den Abend mit einer Premiere – ihrem neuen Song. Dass Schladming samt der Planai – gemeinsam mit der Ramsau und Graz – bereits zum zweiten Mal nach 1993 die Kulisse für die Special Olympics abgeben werden, hat einerseits mit Hermann Kröll zu tun, dem langjährigen, erst kürzlich verstorbenen Schladminger Bürgermeister, der sich mit großem Engagement für die Idee eingesetzt hat. Und andererseits natürlich mit dem berühmtesten Steirer der Welt, mit Arnold Schwarzenegger, dem Schwager Tim Shrivers und Noch-Ehemann seiner Schwester Maria.

Das Familienbusiness

Tim Shriver setzt eine Familientradition fort, er ist quasi ins Familienbusiness eingestiegen. Wie Bobby und Teddy die Fackel der Kennedys in der Politik weitergetragen haben, hält ihr Neffe als Präsident der Special Olympics die seiner Mutter Eunice hoch, die die Bewegung in den 1960er-Jahren begründet hat – auch im Andenken an ihre Schwester Rosemary, die mit einer geistigen Behinderung zur Welt gekommen ist und lang in einem Heim weggesperrt war. Während Sargent Shriver das Peace Corps führte, als US-Botschafter in Frankreich amtierte und 1972 als Vizepräsidentschaftskandidat scheiterte, ging seine Frau Eunice voll in der Verbreitung der Special Olympics zu einer globalen Marke auf.

„Es mag ja eine Desillusionierung über die US-Politik geben“, sagte Tim Shriver mit einem Augenzwinkern in seiner Rede in Anspielung auf die Wahlkampf-Schlammschlacht Clinton versus Trump. „Doch wenn wir bei den Special Olympics Barrieren niederreißen, kriegen wir eine gute Dosis an Illusion ab.“ Als Optimist US-amerikanischer Prägung ist Tim Shriver bemüht, trotz der Kriege und Krisen selbst im Negativen das Positive zu sehen – die weltweiten Erfolge im Kampf gegen Malaria und Aids, die starke Wirtschaft in den USA und die Verbesserung des Niveaus an den Schulen. „Ich bin nicht naiv, nicht idealistisch.“

Als Präsident einer überparteilichen Organisation ist er zu Neutralität verpflichtet. Als Mitglied des Kennedy-Clans gelingt es ihm nicht ganz, sich aus der Politik herauszuhalten. Er hat sie mit der Muttermilch aufgesogen, ist aber nicht derart im Rampenlicht aufgewachsen wie viele seiner Cousins und Cousinen. „Die Politik ist ein sehr hartes und komplexes Terrain, und sie kann einen negativen Effekt auf Kinder haben. Politik ist wie jeder andere Beruf: Sie verlangt langfristiges Engagement, Disziplin, Durchhaltevermögen“, erklärt er im „Presse“-Interview.

Das Klima aus Angst, Unsicherheit und Zorn begünstige Populismus, analysiert er. Das Duell Clinton vs. Trump regt ihn gar nicht so sehr auf: „Der Himmel wird nicht einstürzen.“ Mit dem Wahlkampf geht er ins Gericht: „Es gibt Schlaglöcher und obszöne Nebenschauplätze, die innerhalb von Monaten vergessen sind. Wer mit wem geschlafen hat, wer wen begrapscht hat: Das hängt mit der Kultur des Niedermachens in Politik und Medien zusammen. Die Politiker machen sich damit immer irrelevanter.“ Weitgehend unbeachtet habe Hillary Clinton immerhin über Behinderung gesprochen. Eines sei klar: „Je länger man lebt, desto größer ist die Gefahr einer Behinderung.“

ZUR PERSON

Tim Shriver. Der 57-jährige Pädagoge aus dem weitverzweigten Kennedy-Clan, der Schwager Arnold Schwarzeneggers, hat von seiner Mutter Eunice Shriver die Präsidentschaft der Special Olympics übernommen. Sie hat die Bewegung in den 1960er-Jahren auch im Andenken an ihre geistig behinderte Schwester Rosemary gegründet, Die ersten Spiele fanden 1968 in den USA statt. Nach 1993 werden die Winterspiele im März 2017 zum zweiten Mal in Schladming (sowie in der Ramsau und in Graz) über die Bühne gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2016)

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