Feine Geister aus dem Glas: Messe für fortgeschrittene Trinker

Symbolbild Spirituosen
Symbolbild Spirituosen(c) Clemens Fabry
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Bei der Spirituosenmesse zeigen Wiens beste Barmänner ihr Können. Tür 7, Halbestadt und The Sign wurden als beste Bars Wiens prämiert.

Um einen Erdbeer-Daiquiri sollte man Erich Wassicek nicht fragen. Er, Chef der Bar Halbestadt in den Stadtbahnbögen, nimmt die Sache mit den Edelspirituosen, dem Mixen, dem Trinken und den Bars der neuen Generation durchaus ernst. So ernst, dass er etwa im weinseligen Wien prinzipiell keinen Wein ausschenkt, dass er einem Gast lieber sagt, was der zu trinken habe, statt ihm einen gewünschten Daiquiri vorzustellen, und dass er es sich überhaupt zur Mission gemacht hat, den Gästen eine Barkultur der alten Schule näherzubringen.

„Der Kunde ist König? Das gibt es nicht. Wer zu uns kommt, ist ein Gast, so wird er auch behandelt. Gastfreundschaft ist das Wichtigste.“ Eigenmächtig hinsetzen, gar Barhocker umstellen? Nicht auszudenken. Weitertrinken, wenn man eigentlich genug hätte? Nicht bei ihm. Erich Wassicek versteht seine Bar als „Institut für fortgeschrittenes Trinken“, diese fortgeschrittene Trinkkultur erlebt in Wien seit Jahren eine Art Hype, man denke an die vielen neuen Bars in der Stadt.

An diesem Wochenende findet für die Anhänger der neuen Spirituosenkultur in der Marx-Halle eine Messe statt. In München läuft die Finest Spirits schon seit elf Jahren, nun hat sie Frank-Michael Boer nach Wien gebracht. Erich Wassicek, der Boer seit Jahren kennt, fungierte da als eine Art Schnittstelle zwischen Deutschland und Österreich. Die Finest Spirits soll eine Messe für Genusstrinker und Gastronomen sein – in München, so Wassicek, waren rund zwei Drittel Publikum, ein Drittel Fachbesucher.

Es ist die erste Messe für Edelspirituosen dieser Art in Wien, damit wird sie auch zu einem Treff der führenden Barleute: Gestern, Freitag, fand im Rahmen der Finest Spirits die Siegerehrung der im „Falstaff – Bar- und Spiritsguide 2017“ ausgezeichneten Barkeeper statt. Als Bartender des Jahres wurde Bert Jachmann vom Heuer am Karlsplatz ausgezeichnet, daneben wurden auch die besten Bars prämiert: Der Hauptpreis ging an Gerhard Kozbach-Tsai mit seinem Team von der Tür 7, als beste Bars Wiens wurden ex aequo Tür 7, The Sign und Halbestadt gewürdigt. Einigen der führenden Barkeeper Wiens wird man bei der Messe auch beim Mixen zuschauen können. Erich Wassicek etwa wird heute, Samstag, um 16 Uhr an einem Stand Tricks verraten und als Aperitif einen Negroni mixen, bei dem er den Gin durch Mezcal ersetzt.

Das verrät auch schon die Richtung, in die es bei den Bar-Trends geht: Der Gin-Hype flaut ab, „jetzt redet alles von Tequila und Mezcal“, sagt Wassicek. „Tequila ist so präsent wie noch nie, mittlerweile bestellen die Leute von sich aus Getränke mit Tequila, bis vor Kurzem hat es beim Wort Tequila neun von zehn Gästen gebeutelt, weil sie an ihre Jugendräusche denken.“

Den Trend zum Mezcal hält er für „Wunschdenken“, die Produktion sei zu gering, um die Spirituose aus dem Herzen der Agave zum Breitenprodukt zu machen. „Mit den Trends ist es überhaupt so eine Sache, einer sagt etwas und die anderen plappern nach, in einer Bar ist auch oft das der jüngste Trend, was gerade im Regal verstaubt. Viel ist von der Industrie gesteuert, und in Wien sind wir sowieso Nachplapperer. Trends entstehen anderswo.“

Trotzdem, verstecken brauche sich Wiens Barszene schon lang nicht mehr. Nach wie vor sperren regelmäßig neue auf. Wie viel Platz ist denn noch für neue Bars in Wien?

„Großartig, was entstanden ist“

Einiger, meint Wassicek. „In Wien dauert alles länger, aber es ist großartig, was in den vergangenen Jahren passiert ist.“ Mittlerweile ist die Szene auch gut vernetzt, man trifft sich in der Vienna Bar Community, statt sich, wie früher, eher als Konkurrenten zu begreifen.

„Die Szene arbeitet zusammen, auch die Eingesessenen mit den Jungen. Wer ehrlich arbeitet, der schafft es auch zu bleiben. Aber man muss wissen, dass es nicht reicht, nur cool dreinzuschauen.“ Der Beruf des Barmanns, sagt er, sei „ein sehr alter, sehr ehrenwürdiger Beruf“, den müsse man ernst nehmen. Und, was er hauptberuflich mache, das solle man einen Barmann wie ihn auch bitte nicht mehr fragen.

DIE MESSE

Finest Spirits findet am Samstag von 14 bis 22 Uhr in der Wiener Marx-Halle statt. Tickets kosten an der Tageskasse 25 Euro, der Eintrittspreis inkludiert drei Gutscheine für ausgewählte Verkostungen und Cocktails. Vor Ort können Jetons um je zwei Euro für Proben an den Ständen gekauft werden. Ein Verkostungsglas dafür ist um zehn Euro erhältlich. Vor Ort gibt es – neben Ständen von Händlern und Produzenten – diverse Shows und kleine Workshops: etwa eine Masterclass mit dem preisgekrönten Barexperten Stephan Hinz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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