Kyrre Kvam: Zwischen den Sprachen

Der Musiker und gebürtige Norweger Kyrre Kvam im Foyer des Bronski & Grünberg, in dem er diese Woche solo gastiert.
Der Musiker und gebürtige Norweger Kyrre Kvam im Foyer des Bronski & Grünberg, in dem er diese Woche solo gastiert.(c) Mirjam Reither
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Der norwegische Komponist („Braunschlag“) gibt in seiner Wahlheimat Wien nun drei Solo-Konzerte, in denen es um Identität und Sprache geht.

Das Du-Wort sei ihm sehr recht, meint Kyrre Kvam, als er das Foyer des kleinen und noch recht jungen Theaters Bronski & Grünberg im neunten Bezirk betritt. In seiner Heimat Norwegen, sagt er, gebe es die Unterscheidung zwischen „du“ und „Sie“ sowieso nicht.

Und damit ist Kvam schon mitten in dem Thema, das ihn als in Wien lebenden Norweger („Ich bin der einzige Norweger in meinem Umfeld“) generell beschäftigt, derzeit aber besonders intensiv: die Sprache, die Unterschiede, die Nuancen, die Übersetzungen, bei denen doch immer etwas verloren geht. Wie man auch einen Teil seiner Identität verliert, wenn man – so wie Kvam, der mit 19 zunächst nach London zog, um dort Schauspiel zu studieren, ehe er als Musicaldarsteller für „Hair“ 2001 ans Raimundtheater nach Wien kam – in ein neues Land geht.

Um Sprache und Identität geht es auch bei Kvams Solokonzerten (Titel: „Lost in Translation“), mit denen er in dieser Woche drei Abende im Bronski & Grünberg gestalten wird (siehe Infobox). „Irgendwo zwischen Konzert und Theater“ seien die Abende angesiedelt, sagt Kvam. „Ich komme vom Theater, da wollte ich mich nicht nur hinsetzen und meine Lieder spielen“, erzählt er in fast akzentfreiem Deutsch.

So wird es während der Konzerte Projektionen geben, deutsche Übersetzungen der englischen Texte etwa. Oder Gedichte, die für Kvam zu den Liedern passen. Ausgewählt hat Kvam Musikstücke, die er für Fernseh- und Theaterprojekte geschrieben hat. Aus „Maria Stuart“ am Stadttheater Klagenfurt (Regie: Stephanie Mohr) etwa oder aus „Kimberly“, das David Schalko am Schauspielhaus Köln in der vergangenen Saison inszeniert hat. So unterschiedlich die Stücke auch sind, „es gibt einen dramaturgischen Bogen, ein Thema, das mir am Herzen liegt, das ich aber nicht so sehr aussprechen möchte, um den Abend nicht zu deutlich zu erklären“.

Für seine Karriere als Musiker musste Kvam, wie er sagt, erst „um die Ecke“ gehen, einen Umweg machen, „um meine Identität zu finden. Ich musste mit der Norm brechen, und die Norm war bei uns daheim Musik“. Sein Vater war als Dirigent tätig, auch Kvams Brüder sind Musiker. Er verließ Norwegen, um sich in London der Schauspielerei zu verschreiben. Nach einer kurzen Musical-Karriere wechselte er in Wien ins Schauspielfach („Deswegen musste ich auch so schnell Deutsch lernen“), ehe er zur Musik fand.

Am Theater lernte er auch seine spätere Frau, die Schauspielerin Ruth Brauer-Kvam, kennen, das Paar hat zwei Töchter. Auch daheim ist das Thema Sprachen ein omnipräsentes: Seine Frau spricht mit den Kindern Hebräisch, Kvam versucht, ihnen Norwegisch beizubringen („Bisher bin ich daran gescheitert, ich gebe aber nicht auf“), zu viert sprechen sie Deutsch, seine Lieder schreibt Kvam auf Englisch.

Vom Komponisten auf die Bühne

Der Schritt vom Komponisten im Hintergrund – unter anderem am Theater in der Josefstadt, aber auch für TV-Serien wie „Braunschlag“ und „Altes Geld“ – zum Musiker auf der Bühne, ist für Kvam zwar nicht neu: Immer wieder spielte er in Florian Horwaths Band, Kvam war auch Mitglied der Familie Lässig, einer Coverband um Manuel Rubey und Gerald Votava, die er kürzlich verlassen hat („im Guten“), um sich seinen Solokonzerten zu widmen. Für einen Abend ganz allein auf der Bühne verantwortlich zu sein, sei dann aber doch ein großer Schritt: „Um ehrlich zu sein, bin ich wahnsinnig nervös, auch, weil die Konzerte mir so ein großes Anliegen sind.“

Was ihn beruhige: Neulich habe er im Netz ein Gespräch mit dem 2016 verstorbenen David Bowie gesehen, in dem dieser sinngemäß sagt: Wenn man ins Wasser geht, und die Füße berühren gerade nicht mehr den Boden, dann ist das genau der richtige Ort, um etwas Spannendes zu machen. „Das gibt mir Sicherheit“, sagt Kvam, „immer wenn ich mich frage, was ich da eigentlich mache.“

Auf einen Blick

„Lost in Translation“ nennt der Musiker und Komponist Kyrre Kvam sein Solokonzert-Programm, mit dem er von Do, 27. April bis Sa, 29. April (jeweils 20 Uhr) im Theater Bronski & Grünberg (9., Müllnergasse 2) gastiert. Tickets (24 Euro, Studenten 13 Euro): www.bronski-gruenberg.at oder 0681/206 745 40.
Kvam ist u. a. als Komponist am Theater in der Josefstadt tätig, er hat auch die Musik für „Braunschlag“ und „Altes Geld“ komponiert. Kvam ist mit der Schauspielerin Ruth Brauer-Kvam verheiratet und lebt in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2017)

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