Uhren: So tickt das Jahr 2015

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Viel wurde bereits über das Uhrenjahr 2015 geschrieben. Wie nie zuvor dominiert ein Thema die Berichterstattung: Die Smartwatch, die ihren Namen zu Unrecht trägt.

Nicht die angespannten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind das alles dominierende Thema der Uhrenbranche. Der Schweizer Uhrenindustrie geht es sehr gut. Ihre Zeitmesser verkaufen sich, das zeigen folgende Exportzahlen des Schweizerischen Uhrenverbandes: Im vergangenen Jahr wurden Uhren im Gesamtwert von 22,2 Milliarden Schweizer Franken in die Welt exportiert. Das Wachstum 2014 betrug 1,9 Prozent. Nach einer leichten Delle von Oktober bis Dezember 2014 liefen die Geschäfte im Jänner 2015 wieder richtig gut. Es wurde ein Plus von 3,7 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahrs erwirtschaftet.



Das Hauptthema ist die Smartwatch. Obwohl das eigentlich gar keine Uhr ist – wir erklären das gleich –, gehören ihr derzeit weltweit viele der eigentlich den Uhren zurechenbaren Schlagzeilen. Selbst wir, wie Sie gerade lesen können, machen davor nicht halt. So manch einer in der Schweiz wünscht sich gegenwärtig jedoch nichts sehnlicher, als dass das Gegenteil der Fall wäre. Doch das Thema Smartwatch zu ignorieren wäre einfach fahrlässig und vor allem ignorant. Man wird künftig mit der Tatsache leben müssen, dass die Gattung Smartwatch den heiß begehrten Platz am Handgelenk vieler Zeitgenossen wird erobern können. Doch nur, weil sie am Handgelenk getragen wird, bedeutet dies noch lang nicht, dass eine Smartwatch auch eine Uhr ist.

Eine Smartwatch ist alles andere als das! Sie ist vielmehr ein intelligentes Bindeglied zwischen dem Smartphone und dem Handgelenk, so etwas wie ein Repeater, ein miniaturisierter Wiederholer von Information. Apple hätte vorangehen und seine Apple Watch korrekterweise als iPhone Wrist Interface bezeichnen sollen. Damit wäre die Kirche im Dorf geblieben und der Rest der Hersteller hätte sich wohl oder übel fügen müssen. Das Electronic Consumer Good Smartwatch kann ohne sein Smartphone so gut wie nichts. Sie sammelt brav Informationen, gibt sie dann via Bluetooth ans Smartphone weiter und spiegelt jene Informationen, die das Smartphone zur Verfügung stellt.

Neben dem zur Zeit noch eklatant hohen Stromverbrauch und der damit einhergehenden, stark eingeschränkten Akkulebensdauer ist das Display der zweite große Schwachpunkt. Was soll man von so einem Minidisplay ablesen können? Jahr für Jahr werden die Displays der Smartphones größer und größer und jetzt plötzlich sucht man sein Heil auf einer derart kleinen Anzeigefläche. Das macht doch keinen Sinn!

Bessere Ablesbarkeit. Selbst unsere gute mechanische Armbanduhr hat diesen Lernprozess längst durchgemacht. Übermütige Entwickler und Designer glaubten noch bis vor ein paar Jahren, die Zifferblätter vollräumen zu dürfen, und übersahen dabei, dass eine derartige Anhäufung von Zeigern und Anzeigen den Alltagsnutzen dieser Zeitmesser stark einschränkte. Es ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass in den vergangenen Jahren die Ablesbarkeit der Zifferblätter immer besser und ihr Design laufend optimiert wird. Warum ist die Großdatumsanzeige so beliebt?

Zurück zu den so bezeichneten Smartwatches. Sie werden mit dem Hype, den Apple ausgelöst hat, unter Garantie die nächsten ein, zwei Jahre noch für viel Unmut bei den traditionellen Uhrenherstellern und -händlern sorgen. Viele werden zuschlagen und sich so ein Teil ans Handgelenk schnallen. Billig wird der Spaß insbesondere bei Apple nicht. Die Preise beginnen bei knapp 400 US-Dollar, inklusive der amerikanischen Steuern. Der Bogen spannt sich bis zu mehr als 20.000 Dollar für Ausführungen der Apple Watch in Rosé- und Gelbgold. Inwieweit dieses Smartphone Wrist Interface den Platz am Handgelenk wird nachhaltig erobern können, wird sich zeigen. Wir prophezeien jedoch, dass so mancher des Teils schnell wieder überdrüssig werden wird, nicht zuletzt auch wegen der Flut an Information, die da zusätzlich auf einen niederprasselt und die kaum zu bewältigen sein werden.

Unangefochten. Und dann ist da noch dieses schon angesprochene kleine Display, auf dem das Ganze dargestellt wird. Eine nachhaltige Gefahr für die traditionelle Armbanduhr sieht der Autor dieser Zeilen demnach nicht. Nach einiger Zeit werden wohl einige Smartphone Wrist Interfaces auf das andere Handgelenk wandern und den Stammplatz wieder freigeben. Man darf auch davon ausgehen, dass viele User einfach keine neue mehr kaufen werden und das Thema für sich somit abschließen.

Großer Gewinner. Der große Hype rund um die Smartwatch verschafft der Uhrenbranche unglaublich viel Gehör. Man darf hoffen, dass die Marketingstrategen dies nutzen können und die Designer und Uhrmacher die Latte nochmals höher legen werden. Gibt es genügend interessante Made-in-Germany- und Swiss-made-Alternativen, könnte die Uhrenindustrie am Ende gar als der große Gewinner dastehen. Kunden, die davor noch nie eine Armbanduhr getragen haben, könnten dann ihr Handgelenk für einen wahren Wert räumen. Jeder von uns ist wohl für ein schönes, großteils handwerklich gefertigtes Luxusprodukt empfänglich. Die im Jahr 2015 bisher gezeigten Neuheiten lassen erst gar keinen Zweifel aufkommen: Es gibt heute bereits Alternativen.

Bedingt durch Embargos auf die meisten Neuheiten der Hersteller, die auf der Baselworld ausstellen werden, können wir Ihnen eine Woche, bevor in Basel die weltgrößte Uhrenmesse beginnt, nicht schon alle Höhepunkte zeigen. Das würden wir gern, doch wir halten uns an die Vorgaben der Hersteller.

Wir zeigen Ihnen dafür heute schon einmal eine erste feine Auswahl an neuen Uhrenmodellen und verweisen an der Stelle auf die kommenden „Schaufenster“ und natürlich die beiden Ausgaben unseres „Presse“-Uhrenmagazins „Luxury Times“, die am 8. Mai und 5. Juni erscheinen werden. Sie werden spätestens dann einen vollständigen Überblick haben und sehen, dass der Kampf um den begehrten Platz am Handgelenk noch lang nicht verloren ist. Die Hersteller der Smartwatches oder besser der Smartphone Wrist Interfaces sollten nicht zu siegessicher sein. Vielleicht war es doch eher eine Art von Hilferuf oder einfach nur die pure Effekthascherei als eine konkrete Drohung, als Jonny Ive, der Chefdesigner von Apple, bei der Präsentation der Apple Watch in einem Interview zum Besten gab: „Die Schweizer Uhrenindustrie soll sich mal warm anziehen.“

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