Zimmergarten: Blinzelnde Wände

Karoo. Indoor-Kräutergarten im Modulsystem von D&M Depot.
Karoo. Indoor-Kräutergarten im Modulsystem von D&M Depot.(c) Beigestellt
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Grüne Schönheiten für Innenräume tragen auch zu einem besseren Raumklima bei.

Der Franzose Patrick Blanc färbt sich seit einigen Jahren sein Haar grün, noch länger kümmert er sich aber um das Kolorit von Hausmauern. Blanc ist seit den frühen 1980ern ein Pionier der grünen Wände, er ist Pflanzenkünstler. Seine Arbeit wächst auch in Wien, die lebende Feuerwand des Sofitel und den Wildwuchs am Hundertwasser-Haus hat er gepflanzt. Während Blancs Arbeitsfeld die Fassaden waren und sind, zieht die Gartenschere gegenwärtig aber in die Wohnbereiche weiter. Der Indoor-Garten ist modern geworden. Salate, Kräuter und Schwiegermutterzungen verlieren dabei den Boden unter den Wurzeln und vollziehen in Modulsystemen, Pflanzentaschen und Europaletten eine 90-Grad-Wende: ein Panorama der aktuellen Designs und ihrer Funktionen.

Verti Plant. Wandpflanzentaschen von Burgon & Ball.
Verti Plant. Wandpflanzentaschen von Burgon & Ball.(c) Beigestellt
Moosbild. Drei­dimensionales Pflanzenbild von Style Green.
Moosbild. Drei­dimensionales Pflanzenbild von Style Green.(c) Beigestellt
Grüne Palette. Die lebende Tapete von Green Rabbit.
Grüne Palette. Die lebende Tapete von Green Rabbit.(c) Beigestellt



Schall und Hauch. Bevor es um die Formschönheit geht, zuerst ein Loblied dem Moos. Moose sind die älteste Gruppe der grünen Landpflanzen. Diese 350 Millionen Jahre an Erfahrung lassen sich auch in Innenräumen umsetzen, wo das Mikroklima bekanntlich einiges mitmacht. In Büros merkt man es, wenn die Luft irgendwann nach Wäschekorb schmeckt. Die robusten Moose halten das aus, sie filtern Kohlenstoff, Kohlenmonoxid, Benzol, Phenol, Formaldehyd und Kohlendioxid aus der Raumluft und wandeln sie in Sauerstoff um. Eine Studie der Universität Bonn hat errechnet, dass die grünen Polster 75 Prozent des Feinstaubs, der sie umgibt, binden können. Moose sind also gute Luftreiniger, die aufgrund ihrer Oberflächenstruktur auch noch vorhandene Störgeräusche minimieren. Das alles macht sich das Wiener Unternehmen Green Wall Tec zunutze: Hier werden Moosmatten produziert, die mit Silikon auf Kork oder Holzfaserplatten geklebt werden und als Dekorelemente, Raumteiler und Deckensegel montiert werden. Nachdem Moose keine Wurzeln haben und sich über die Raumluft ernähren, ist keine Bewässerung erforderlich.

Palette von oben. Mit dem gleichen „Baumaterial“ arbeitet auch Stylegreen. Die Münchner Firma stellt 3-D-Bilder aus Wald- und Kugelmoosen her, allerdings werden die Gewebe vorher konserviert und verzichten danach komplett auf Licht und Pflege. Das schont nicht nur den grünen Daumen, sondern auch die Finanzen. Lebendiger sind die Produkte der urbanen Gartenplaner Green Rabbit. Da der Städter eher zu wenig als zu viel Platz hat, haben sie die Europalette neu erfunden, als platzsparenden vertikalen Zimmergarten. Ein Tröpfchenschlauch sorgt für die Bewässerung des „Upcycling“-Beets. Als Ausstattung werden Grünlilie, Frauenhaarfarn, Zimmerefeu und Korbmarante empfohlen. Die Pflanzen verbessern nicht nur Akustik und Sauerstoffgehalt, sie geben durch ihre Blätter auch wieder Feuchtigkeit ab.

Wandverkostung. Weil das Nützliche und das Angenehme auch Freundschaft schließen können, konzentrieren sich andere Hersteller auf Designs für Nutzpflanzen, die gleich über dem Schneidbrett motiert werden können. Während Flowerbox mit Rohren und Keramiktassen arbeitet, näht Burgon & Ball bunte Taschen. Das Modulsystem Karoo von D&M Depot wird aus recyceltem Kunststoff gefertigt und ist mit einem speziellen Granulat gefüllt, damit die Setzlinge nicht abrutschen. Die Oberkante des abgedichteten Kastens hat ein Loch für die Gießkanne, Dämmschicht ist keine nötig. Karoo wurde mit dem Interior Innovation Award 2013 ausgezeichnet. Einen Vorteil haben grüne Wände noch: Sie entspannen den Blick.

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