Kartell: Kleine Reverenz an den Großmeister

(c) Beigestellt
  • Drucken

Ettore Sottsass geistert wieder durch Mailand: Kartell stellt unveröffentlichte Entwürfe aus. Und kleidet Möbel in „Memphis“.

Gute, alte Zeiten hinter sich lassen, damit tut sich das Design oft recht schwer. Die Stände auf den Möbelmessen der Gegenwart werden oft zur begehbaren Retrospektive, zur gefälligen Führung durch Schubladen, in die so manche Entwürfe gerutscht sind. Jetzt macht auch Kartell für den Salone del Mobile in Mailand wieder eine Schublade auf: die eines Gestalters, zu dem die meisten guten Gewissen Maestro sagen würden. Ettore Sottsass hat 2004 für Kartell einige Ideen abgeliefert – Vasen, Hocker, eine Leuchte. Produziert wurden sie bislang nie. Jetzt stellt Kartell sie in seinen Flagship-Store in Mailand aus und schickt einige davon später sogar auch tatsächlich in die Herstellung.

Ideengut. Eine Designewigkeit früher, 1981, hatte Sottsas gemeinsam mit anderen seine Entwürfe in die Mailänder Galerie Arc 74 gestellt – Möbel, Keramikarbeiten, Leuchten und Uhren. Die Öffentlichkeit war verwirrt und begeistert gleichzeitig. Denn die Gruppe Memphis, gegründet in Sottsass’ Wohnung während eines Bob-Dylan-Songs, hatte dem Design die Sinnlichkeit und die revolutionären Gedanken zurückgegeben. Auch diese Ära reicht dank Kartell in die Gegenwart: Schließlich will man aus der Polstermöbelkollektion den einen oder anderen Entwurf mit Textilentwürfen der Memphis-Gruppe überziehen. Einen „Karneval der Muster und Farben“ verspricht Kartell. Und einen „postfuturistischen Pop-Appeal“ genauso. An Möbeln wie „Mademoisselle“ von Philippe Starck, „Foliage“ von Patricia Urquiola oder „Trix“ von Piero Lissoni soll man den Design-Revoluzzer-Geist der 1980er-Jahre bemustern können.

(c) Beigestellt

Die Memphis-Bewegung und die ursprünglichen Ideen, die Ettore Sottsass ins Leben gerufen hat, teilen mit Kartell eine Vorliebe: dass Möbel nicht nur Menschen und kreative Leistungen tragen, sondern auch kulturelle Ideen. Auch wenn das beim italienischen Hersteller zuallererst bedeutet, die Ästhetik des Kunststoffs im Lebensraum der Menschen salonfähig zu machen. Und nebenbei charmant zu provozieren, indem man die eine oder andere Konventionen nicht allzu eng sieht. Auch bei Mythos und Kult, wie die Entwürfe von Memphis für viele Designsammler heute noch sind, hält sich Kartell bewusst gern auf. 1988 hat Ettore Sottsass Memphis verlassen. Sein Geist das Design nie.

Tipp

„Kartell goes Sottsass“. Im Kartell-Flagship-Store in Mailand, im Rahmen des Fuorisalone während des Salone del Mobile, vom 14 bis 19. April.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.