Fliegen als Designaufgabe

Marrakesch. Der Flughafen gilt als einer schönsten der Welt, erzählt das Buch „Faszination Flughafen“.
Marrakesch. Der Flughafen gilt als einer schönsten der Welt, erzählt das Buch „Faszination Flughafen“.(c) Beigestellt
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Vom Flughafentransfer bis zum Gepäckband: Eine Reise begleiten erfolgreiche und misslungene Entwurfsideen.

Fliegen ist eine recht anonyme Angelegenheit. Auch wenn man beim Gate persönlich aufgerufen wird und die Flughäfen selbst meist Namen tragen. In Lyon landet man etwa direkt beim berühmten Saint-Exupéry. Doch die Namen der Gestalter der Dinge und Räume, die die Reisenden begleiten, kennt kaum jemand. Nur die ganz großen Flughäfen hängen an den ganz großen Namen: Wenn etwa riesige Terminals aus der Vogelperspektive außerordentlich spektakulär aussehen – siehe Peking – dann ist es meist ein Norman-Foster-Flughafen. Sonst sind es scheinbar urheberlose Räume, in denen man sitzt, wartet, sitzt und wieder wartet. Design-Autorenschaft ist am Gate 22A genauso wie auf Sitzplatz 14B so wichtig wie bei Schallschutzwänden oder Verkehrsinseln. Es ist eben doch Infrastruktur. Oder eine Menschenverteilungsmaschinerie, auf die man sich da einlässt, wenn man ein Flugticket kauft.

Brückenfunktion. Der Flughafen Santos Dumont wurde 1936 eröffnet und verbindet Rio mit São Paulo.
Brückenfunktion. Der Flughafen Santos Dumont wurde 1936 eröffnet und verbindet Rio mit São Paulo.(c) Beigestellt
Luftraum. Das britische Designduo Pearson Lloyd gestaltete die neue Businessclass der Lufthansa.
Luftraum. Das britische Designduo Pearson Lloyd gestaltete die neue Businessclass der Lufthansa.(c) Beigestellt

Reiseräume. Früher waren es noch die Architekten, die beim Thema Fliegen etwas zu zelebrieren hatten: Eero Saarinen mit dem TWA-Terminal in New York etwa – heute längst ein funktionaler Anachronismus und höchst ästhetisch außer Betrieb. Fliegen könnte auch schon so schön sein, wenn man noch am Boden ist. Das Buch „Faszination Flughafen“ (erschienen im Callwey Verlag) zeigt, wie schön. Wenn gestalterisch etwa die Tiermetaphern landen: Im chinesischen Shenzhen beispielsweise als Flughafen in Form eines Rochens, entworfen vom Italiener Massimiliano Fuksas. Oder wenn schon in den 70er-Jahren Architekt Meinhard von Gerkan die geometrische Urformel der Flughafen-Funktionalität ergründete: Das Hexagon sollte es sein. Für den kürzesten Weg vom Taxi ins Flugzeug. Von den Sechsecken sollten am Flughafen Berlin-Tegel ursprünglich zwei werden. Doch bei vielen Flughäfen, und in Berlin vor allem, steht Flughafen-Architektur auch für die Architektur des Unvollendeten – wahrscheinlich die letzte Analogie zu so manchen Kathedralen. Dem noch aktuellen Berliner Flughafen gelingt es dank seiner Architektur jedoch, so schreiben es die Autoren von „Faszination Flughafen“, „in Würde“ überlastet zu sein. Der „Berlin Chair“, den der Möbelhersteller Walter Knoll in diesem Jahr neu auflegt, ist übrigens dem Originalentwurf der damaligen Lufthansa-VIP-Lounge entnommen.

Retro-Flair. Paris – Charles de Gaulle wurde 1974 eröffnet. Sitzgelegenheiten schwingen sich durch die Halle.
Retro-Flair. Paris – Charles de Gaulle wurde 1974 eröffnet. Sitzgelegenheiten schwingen sich durch die Halle.(c) Beigestellt

Doch Design beginnt nicht erst im Terminal, relevant zu werden. Schon auf dem Weg dorthin. Sprich: Flughafen-Transfer. Wien kann da ein Design-Kunststück vorweisen, ein Kunststück des Kommunikationsdesigns im Grunde. Schließlich bewegt der City Airport Train – CAT – im Grunde begehbares Corporate Design auf Schienen hin und her. Und das unter 20 Minuten in einer Richtung. Der CAT schafft es, so zu tun, als wäre das sein Verdienst. Dabei liegt der Wiener Flughafen schlichtweg im internationalen Vergleich sehr nah beim Zentrum der Stadt. Doch auch Flugzeuge sind in Interior-Design-Hinsicht kaum mehr als möglichst leichte Hüllen, die die Airlines lieber mit Corporate Design füllen als mit Sitzkomfort. Dort, wo Sicherheitsauflagen und Effizienz dafür überhaupt noch Platz lassen. Ein Flugzeug-Hersteller wie Airbus lässt fast alles offen. Zumindest setzt er auf eine Basissitzbreite von 56 Zentimetern. Dafür schrumpfen die Sitzabstände ständig und die Entertainment-Screens werden größer. Vor allem in den Businessclass-Abteilungen, auf die die meisten Fluglinien in Designhinsicht besonders stolz sind. Auch weil sie für das Interior doch manchmal renommierte Namen engagieren: Hella Jongerius etwa gestaltete für KLM. Das britische Designerduo Pearson Lloyd für die Lufthansa.

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Tipp

„Faszination Flughafen“. Von Stefan Eiselin, Laura Frommberg und Alexander Gutzmer, erschienen im Callwey Verlag.

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