Gartentrends: Hinaus ins Grüne

Shabby Chic. Das Selbermachen und Upcyceln bleibt im Trend.
Shabby Chic. Das Selbermachen und Upcyceln bleibt im Trend.(c) Starkl
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Üppig bis puristisch, verspielt und reduziert: von Romantik, Upcycling, Exotik und der Pflanze als Skulptur – die Gartentrends 2016.

Der Winterschlaf ist vorbei. Für Tiere, für Pflanzen, für Menschen. Die Lebensgeister erwachen, die ersten zarten Blümchen sprießen, die Biene summen. Es grünt. Das Werkeln und Entspannen auf der Terrasse oder im Garten scheint da wie Balsam auf der noch vom winterlichen Grau geplagten Seele. Ein klassisches Frühlingsklischee? Mitnichten. Die helleren Stunden, die wärmeren Tage tun einfach gut. Und da wächst ganz automatisch und unverblümt die Lust, die Freiluftsaison 2016 vorzubereiten und Garten wie Terrasse ins Sommerkleid zu hüllen.

Gartengestalterin Maria Masser (Schoene Gaerten – Gestalten und Erhalten) ortet für den diesjährigen Sommer zwei Strömungen: Auf der einen Seite ist es die neue Romantik, die Tendenzen des Shabby Chic aufnimmt, aber nicht zu verspielt daherkommt. Auf der anderen Seite ist es der schnörkellose Purismus, dessen Schwerpunkt auf hellen Farben liegt.

Tulpenmeer. Die romantische Linie drückt sich bei den Pflanzen beispielsweise in einem Tulpenmeer aus – es darf ruhig üppiger ausfallen, aber nicht zu bunt. Hortensien, Rosen und Lavendel sind ebenfalls Weichzeichner im Garten. Da trifft es sich gut, dass die Farben der Gartensaison laut Gartenexpertin Stefanie Starkl Pastellrosa und Hellblau sind. In die Romantiklinie passt ein weiterer Trend, den Starkl nennt: das Upcycling. Vom selbst geschaffenen Unikat bis zum Designerstück ist die Palette breit. „Gebrauchtes wird wiederverwertet, aus alten Paletten entstehen Möbel und Hochbeete, Baumhäuser werden ge­baut, das Garteln mit Kindern wiederentdeckt“, sagt sie. Im eigenen handwerklichen Tun liegt oft der Ausgleich zum Stress im Job, zur schnelllebigen Welt rund um uns. „Man hat Spaß beim Jäten, beim Umgraben und Anbauen.“

Skulpturelle Bepflanzung. Purismus im Garten drückt sich 2016 derart aus, dass helle Platten den dunklen Böden weichen und die Pflanzenwelt sich oft in Weiß oder zumindest monochrom präsentiert. Damit ist das Mobiliar im Garten gleichsam Antwort auf Trends in der Innenarchitektur, „auch hier dominieren helle Farben und Geradlinigkeit“, so Masser. Sitzgelegenheiten sind oftmals ein Spiegel der Einrichtung im Haus, der Unterschied besteht allein in der Outdoortauglichkeit der Oberflächen und Materialien – wie bei Sofas der Marken Living Divani und Minotti.

Inszenierung. Mit außergewöhnlichen Möbeln und Bäumen Effekte erzielen.
Inszenierung. Mit außergewöhnlichen Möbeln und Bäumen Effekte erzielen.(c) Beigestellt

Bernhard Kramer von Gartenarchitektur Kramer & Kramer bringt die Pflanze als Skulptur ins Spiel. Weil Individualität Trumpf ist, sind quer durch Europa und darüber hinaus Baum-Scouts unterwegs. Sie begeben sich gezielt auf die Suche nach Gewächsen, die nicht den Standards entsprechen. „Das dürfen auch komplett schief gewachsene Bäume sein. Man spricht dann von sogenannten Charakterpflanzen, deren Besonderheit in Wuchs und Optik liegt. Sie werden wie Kunstwerke im Garten inszeniert“, erzählt Kramer. Alexandra Zauner, von Freiraum* – Gärtner von Eden, bestätigt: „Es muss nicht mehr ein Baum wie der andere aus­sehen. Das Bewusstsein für die Einzigartigkeit einer jeden Pflanze stellt sich allmählich wieder ein. Knorrige alte Bäume werden zum gestalterischen Mittelpunkt einer Pflanzung.“ Entsprechende Lichtkonzepte unterstützen die Wirkung der Objekte.

Kunst und Exotik. Auch sonst ist Kunst im Garten absolut en vogue. Mauern werden mit Graffitis aufgewertet, wasserfeste Outdoorgemälde verwandeln den Garten bis ins Detail in einen Wohnraum unter freiem Himmel. Spezielle Inszenierungswünsche und Effekte machen laut Kramer bei der Umsetzung von Gartenprojekten mittlerweile den größten Teil der Kosten aus.

Zudem hält mehr Exotik Einzug in die ­heimischen Gärten und Dachterrassen. Zurückzuführen ist das auf den Klimawandel: „Es ist erstaunlich, mit welchen exotischen Pflanzen man in unseren Breiten bereits das ganze Jahr über Erfolg hat“, meint Bernd Hochwartner von Weidlfein Landschaftsarchitektur und Gartenkunst. Akazien, Feigen, Kakteen, Kakis und viele mehr – der Mittelmeerraum, Südafrika, Asien und Mexiko werden attraktive Entdeckungsgebiete. Pflanzen, die man sonst nur aus dem Urlaub kennt, machen sich nun auch hierzulande gut: Fackellilien, Amaryllis, Gladiolen, Kamelien, Farne, winterharte Kakteen und Yuccapalmen. Allerdings: Nicht Kälte und Frost, sondern die Nässe macht ihnen in der kälteren Jahreszeit zu schaffen. Ein durchlässiger Boden ist daher wichtig.

Natur pur. Wer Schmetterlinge im Garten begrüßen will, der setzt auf Brennnesseln, Weide und Faulbaum, wer es farbenfroh mag, bietet mit bunten Blumenwiesen auch Bienen ein Zuhause. Das Bewusstsein für die Ökologie des Gartens ist überhaupt im Steigen begriffen. Man achtet wieder vermehrt auf genug Raum und Nahrung für Insekten und Bestäuber, auf biologische Produkte bei Erde, Samen, Setzlingen und Pflanzenschutzmitteln. Unkraut wird als Teil des Naturgartens gutgeheißen, Laub nicht rückstandslos entfernt, sondern als Versteck für Tiere gesehen. Sogar die Nachfrage nach veganen Düngemitteln steigt, um Abfallprodukte aus der Tierindustrie als Inhaltsstoff auszuschließen.

Mit Charakter. Geformte oder interessant gewachsene Bäume wirken wie Skulpturen.
Mit Charakter. Geformte oder interessant gewachsene Bäume wirken wie Skulpturen.(c) Beigestellt

Zur Rückbesinnung auf natürliche Formen passt auch der Rain Garden, erzählt Hochwartner. Dieser basiert auf Regenwasser, das sich in einer Mulde oder in einem kleinen Bachlauf im Garten sammelt und versickert. Und bunte und scheinbar ungeordnete Pflanzgesellschaften gehören ebenfalls zu diesem Trend. „Sie sind in Wahrheit aber fein durchkomponiert. Staudenbeete müssen fachkundig zusammengestellt werden, um während der gesamten Vegetationsperiode ansprechende Gartenbilder zu liefern“, sagt Zauner. Sehr gefragt: ein passend zur Jahreszeit wechselndes Farbenspiel im Beet.

Mangold & Zitronen. Und wer seinen Garten auch kulinarisch genießen will, kann sich dem Foodscaping verschreiben, dem Gestalten von essbaren Landschaften. „Nutzgärten sind zwar pflegeintensiver, es kommt aber auch auf die entsprechende Mischung der Pflanzen an“, so Hochwartner. Und optisch beeindrucken sie durchaus auch: „Man kann Showgemüse wie Mangold, verschiedene Salat- oder Kürbissorten mit attraktivem Blatt- und Blütenwerk für Effekte nutzen.“ Das Beerenobst darf ruhig ein bisschen wuchern und auch von Insekten geerntet werden. Und der grüne Smoothie aus eigener Ernte? Nichts leichter als das, es werden sogar spezielle Saatgutmischungen angeboten, um sich die Säfte selbst zu mischen.

Welche Pflanzen heuer bei Experten und Hobbygärtnern außerdem hoch im Kurs stehen? Aus Italien etwa kommt eine neue Vielfalt an Zitronen mit bizarren Früchten, für kleine Stadtbalkone gibt es auch kompakt wachsende Fruchtgehölze. Die Anforderung „pflegeleicht“ ist im Garten ein Dauerbrenner, Lavendel, Felsenbirne und Zierkirsche erfüllen sie beispielsweise. Und Eiben in Kugelform oder die Stechpalmenart Ilex Crenata Robustico lösen immer öfter den (von Schädlingen geplagten) Buchsbaum ab.

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