Hadi Teherani: Haptik für das Auge

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Das Oben und das Unten: Hadi Teherani gestaltet auch die horizontalen Flächen in der Architektur. Vor allem, wenn sie so weich und leise sind wie Teppichfliesen.

Türbeschläge, Badezimmerarmaturen, Bürokomlexe, Stühle, Hochhäuser: Der Hamburger Architekt und Designer mit persischen Wurzeln Hadi Teherani lässt nichts aus, was man gestalten kann.  Jetzt kümmert er sich vermehrt um die horizontalen Flächen, um Decke und Boden, wie er dem „Schaufenster“ erzählt.

Welche Rolle spielt Haptik in Architektur und Design?
 Jedes Material hat seine ganz eigene Aussagekraft. Auch der Boden, die Decke, die Wände. Jede Fläche ist gleichwertig in der Architektur, und alle haben ihre eigene Energien, durch ihre Farbe oder ihre Struktur. Wenn ich den Boden gestalte, habe ich natürlich gleichzeitig die Decke im Kopf. Unabhängig voneinander funktioniert das nicht. Materialien, Strukturen, das ist schließlich das Vokabular von uns Architekten. Wie die Literaten ihre Wörter haben.

Manchmal wirkt es heutzutage so, als wären Boden und Decke die Teile, die von Architekten am meisten vernachlässigt werden. 
Früher war die Decke beinahe das Wichtigste. Doch im Lauf der Zeit haben wir alles reduziert. Vielleicht konnten wir auch den Druck von der Decke nicht so gut ertragen. Auch eine reduzierte Decke, das glaube ich, kann so viel Ausdruckskraft haben wie eine Decke voller Stuck.

Doch selbst wenn wir automatisch nach oben schauen in den Räumen, meist gibt es da nicht viel außer Lampen.
Das kommt natürlich darauf an, wie diese Häuser gebaut worden sind. Die Typologie des Bürohauses etwa gab es ja früher überhaupt nicht. Die Bautechniken haben sich geändert. Vor einiger Zeit hat man versucht, die gesamte Technik in der Decke unterzubringen, deswegen die vielen abgehängten Decken, die voller Funktionen stecken. Aber beim ökologischen Bauen, bei dem wir mit Bauteilaktivierung arbeiten, nützen wir die Masse der Decke zum Heizen und Kühlen. Das ist ökologisch sinnvoll, aber auch ästhetisch. Die Häuser mit abgehängten Decken sind ja großteils scheußliche Formate. Daher haben wir auch in meinem Büro ein Deckensystem gestaltet. 

Zuletzt waren Sie aber wieder mit dem Boden beschäftigt. Sie haben Teppichfliesen entworfen.
Nach den 1980er-Jahren wollten die Architekten zurück zu Stein- und Holzböden. Aber manche akustischen Anforderungen verlangen eben nach Teppich. Man hat ja verschiedenste Anforderungen an Gebäude, da muss man sich als Architekt überlegen, wie man den Boden richtig einsetzt. Überlässt man Decke oder Boden anderen, hat man zu früh sein Feld verlassen. Wir haben uns für Vorwerk überlegt, wie man mit Teppichfliesen die konventionellen Formate verlassen kann. Zuletzt mit der Kollektion „Scale Living“, mit der man ganz neue Teppichbilder auf den Boden zeichnen und legen kann.

Wird in Europa beim Wohnen nun auch dem Boden mehr Aufmerksamkeit geschenkt?
Ja. Teppiche haben lange Traditionen. Sie waren die Wohnbereiche der Nomaden. Das kommt jetzt ein wenig wieder auch in der westlichen Welt an. Man kommt zurück auf den Boden. Das kann man ja schon an der Gestaltung verschiedener Loungebereiche ablesen. Es gibt eben immer wieder Qualitäten, die man wieder neu entdeckt und auch von Architekten oder Designern thematisiert werden.

Was können Teppiche oder Teppichfliesen für den Raum denn leisten?
Die typische Teppichbodenfliese misst 50 mal 50 Zentimeter. Außerhalb von Deutschland wird zu 80 Prozent diese Teppichfliese verkauft, weil sie leicht stapelbar und transportierbar ist. Noch ein Vorteil ist, dass man bei Fliesen leichter zu den Bodenkanälen herankommt.Aus praktischen Gründen hat sich das System also durchgesetzt. In Deutschland verwendet man prinzipiell lieber Planware. Damit sieht wiederum alles gleich aus. Ich habe zu Vorwerk gesagt, dass wir die Formate ändern müssen. Warum nicht auch mal eine Fliese, die ein Meter mal 1,25 Meter misst? Und plötzlich kann man mit den Teppichfliesen auch Bilder legen. Vor allem, wenn man auch noch die Farben und Qualitäten variiert. So bekommt man in der Bodengestaltung unglaublich viel Spielraum.

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