Das Übernehmen von Elementen fremder Kulturen sollte Künstlern und Designern nicht verboten werden, fordert die Modedesignerin.
Am Rande der Mailänder Modewoche hat sich die Designerin Stella Jean für die Freiheit der Kunst stark gemacht. Es sei nicht hinnehmbar, dass Künstlern und Designern verboten werden soll, Elemente aus einer fremden Kultur zu übernehmen. "Auch das ist eine Form von Rassismus. Und damit nicht tolerierbar", sagte sie.
In der Vergangenheit wurde beispielsweise Chanel kritisiert, weil das Modelabel Bumerangs, die traditionelle Wurfwaffe der Aborigines, verkauft hatte. Der belgische Designer Dries van Noten musste Kritik einstecken, weil er ein peruanisches Lama-Motiv verwendete.
"Wir kämpfen schon so lange dafür, die Barrieren zwischen den Völkern und Kulturen einzureißen - und jetzt wollen wir neue errichten?", sagte Jean. Ihre Mode steht für kulturellen Austausch. Jede Kollektion ist einem Land, einer Ethnie oder Volksgruppe gewidmet.
Stella Jean ist halb Italienerin, halb Haitianerin. "Ich bin das beste Beispiel dafür, dass sich die Kulturen immer mehr durchmischen. Die Forderung nach Reinheit ist blanke Utopie. Für die wachsende Aggressivität, mit der Verbote durchgesetzt werden sollen, habe ich kein Verständnis." Ein Tabu gibt es allerdings auch für Jean: "Ich verwende keine religiösen Symbole."
Mit heftigem Gegenwind wurde die neue Werbekampagne des Parfums "Sauvage" von Christian Dior aufgenommen. Der Grund: Das Modehaus wirbt mit Bildern amerikanischer Ureinwohner. Inzwischen wurde alle Verweise auf die Kampagne in den sozialen Medien gelöscht und das Verbreiten der Kampagne gestoppt. Schauspieler Johnny Depp ist das Testimonial des Werbesujets und auch in einem Video zu sehen. Angepriesen wurde es auf Twitter als "authentische Reise tief in die Seele der amerikanischen Ureinwohner in ihrem heiligen, gründenden und säkularen Gebiet". Im Video ist Depp zu sehen, wie er auf roten Festen im südwesten Utahs spaziert und mit Steinen seinen Weg markiert, während der Kriegstänzer Canku One Star, Mitglied der Rosebud Sioux, auf einer Klippe tanzt und die indigene kanadische Schauspielerin Tanaya Beatty ihm folgt. Doch die Kampagne kam alles andere als gut an. "Es ist sehr rassistisch und beleidigend", meint etwa Crystal Echo Hawk, CEO von der Medien-Watchdog-Gruppe IllumiNative. Und weiter: "Diese Art von Sprachbildern, diese Art von Erzählungen über Ureinwohner als Wilde richtet echten Schaden an, so Echo Hawk im Gespräch mit dem "Guardian". Denn der Name des Parfums - Sauvage - bedeute übersetzt "wild". (c) imago/imaginechina (Xiao feng) Dabei versuchte Dior alles richtig zu machen, wie das französische Modehaus in der Presseaussendung erklärte. Demnach wurde der Film in Zusammenarbeit mit indianischer Beraterin und Interessensvertretern der amerikanischen Ureinwohner erstellt, um sich von Klischees zu entfernen. (c) imago/imaginechina (Niu bo) 2019 sah sich das italienische Luxuslabel Gucci mit "Blackface"-Vorwürfen konfrontiert. Kurze Zeit später wurde auch die Schuhkollektion von Katy Perry bezichtigt, das rassistische Symbol zu verwenden. Auf den beigen und schwarzen Sandalen und Schlapfen sind Gesichtszüge mit prominenten roten Lippen zu sehen. Auf die Kritik reagierte man umgehend. Ein Sprecher der Marke erklärte im Interview mit "TMZ": "Um respektvoll und sensibel zu sein, zieht das Team die Schuhe aus dem Verkauf zurück." Katy Perry selbst äußerte sich ebenfalls zu den Vorwürfen. Die Schuhe wären von Surrealismus inspiriert und hätten mit Blackface nichts zu tun. (c) REUTERS (MARIO ANZUONI) Ins Fettnäpfchen ist Gucci mit einem Pullover aus der Herbst/Winter-Kollektion getreten. Die untere Hälfte des Gesichts wird dabei bedeckt, nur der Mund bleibt frei. Das erinnere zu sehr an das rassistische Blackface und das noch dazu, wo in den USA gerade der Black History Monat stattfindet. So lautet die Kritik im Web. Twitter/@fuckrashida Tatsächlich bedient man sich dabei am Balaclava, also Sturmmasken-Trend, den auch andere Labels wie Calvin Klein auf dem Laufsteg präsentierten. Das italienische Luxusmodehaus reagierte umgehend auf die Online-Kritik und zog den Pullover aus dem Verkauf. "Wir betrachten Vielfalt als einen grundlegenden Wert, der uneingeschränkt gewahrt und respektiert werden muss und bei allen Entscheidungen, die wir treffen, an vorderster Front steht", heißt es dazu in einem Statement. (c) APA/AFP/FILIPPO MONTEFORTE (FILIPPO MONTEFORTE) Das israelische Topmodel Bar Refaeli wurde hingegen für eine Modekampagne heftig kritisiert. Sie war für das Unternehmen Hoodie im Nikab auf Plakaten und in Zeitungen zu sehen. Darunter stand in hebräischer Schrift "Ist hier Iran?" Aufgelöst wurde die Kampagne mit einem Werbevideo. Darin war Bar Refaeli zu sehen, wie sie sich das Kopftuch herunterreißt, die Haare schüttelt und durch den Raum tanzt. Am Ende wird den Zuschauern noch die Botschaft "Freedom is basic" - Freiheit ist grundlegend - mit auf den Weg gegeben. (c) REUTERS (Benoit Tessier) Daraufhin folgte ein Aufschrei in den sozialen Medien. Die Kampagne sei rassistisch und islamophob. Es werde suggeriert, dass muslimische Frauen, die Nikab tragen, unterdrückt werden und keine Entscheidungsfreiheit haben, wenn es um ihre Kleidung geht. Twitter/@themodestcoverup Weder das Model noch das Unternehmen, an dem Refaeli übrigens beteiligt ist, haben sich bisher zur Kritik geäußert. Das Video ist jedoch von den Social-Media-Kanälen verschwunden und nur noch auf Youtube zu finden. (c) REUTERS (Yves Herman) Dieser Pullover der Modekette C&A erzürnte ebenfalls die Gemüter. "Division" stand in Frakturschrift auf dem Kleidungsstück, damit erinnert der Pullover stark an Nazimode. Denn "Division Germania" ist eine Rechtsrockband, deren Fans ähnliche Pullover tragen. Twitter/@C&A Eine Twitternutzerin hatte auf die Ähnlichkeit hingewiesen und C&A damit konfrontiert. 24 Stunden später kam die Antwort: Man positioniere sich klar gegen Rassismus und habe das Sweatshirt umgehend aus dem Sortiment genommen. Die Ähnlichkeit sei weder bewusst noch beabsichtigt eingesetzt worden. Twitter/@C&A Einen ähnlichen Vorfall gab es schon einmal bei H&M. "Coolest Monkey in the Jungle" (zu Deutsch: Coolster Affe im Dschungel) stand auf dem Shirt, das H&M mit einem dunkelhäutigen Buben auf der Website bewarb. Das kam bei vielen Usern nicht gut an. Sie sprachen von Rassismus und riefen zum Boykott auf. Und auch die, die keine böse Absicht vermuteten, waren zumindest der Meinung, das es die Modekette hätte besser wissen müssen. Twitter/theweeknd H&M entschuldigte sich, doch das war Musiker The Weeknd nicht genug. Der Sänger, der schon zwei Mal mit H&M kollaborierte und bei einer Modeschau performte, machte seinem Ärger auf Twitter Luft und kündigte die Zusammenarbeit. "Ich bin heute Morgen aufgewacht und bin schockiert und betroffen von dem Foto", schrieb er. (c) APA/AFP/SUZANNE CORDEIRO (SUZANNE CORDEIRO) Rassismusvorwürfe musste sich H&M schon 2014 gefallen lassen. Kritiker sahen in dem Overall starke Ähnlichkeiten mit den Uniformen kurdischer Soldatinnen. H&M-Pressesprecherin Ida Ståhlnacke entschuldigte sich daraufhin öffentlich. Twitter/@HemnMerany Davor war das Modeunternehmen schon einmal mit Rassismusvorwürfen konfrontiert. Damals ging es um das T-Shirt mit der Aufschrift "White is the new black". Auf Twitter entschuldigte sich das Unternehmen, die Shirts wurden aus dem Verkauf genommen. Twitter/@GlobalGrindStyl Einen ordentlichen Fehlgriff leistete sich auch die Unilever-Kosmetikmarke Dove mit diesem Werbebild: Eine schwarze Frau verwandelt sich dort nach Anwendung eines Dove-Produkts in eine weiße. Für die geschmacklose Idee hagelte es im Internet massive Kritik und ebenfalls Boykott-Aufrufe. Das Unternehmen entschuldigte sich per Twitter-Stellungnahme: "Ein Bild, das wir kürzlich auf Facebook veröffentlicht haben, hat es verabsäumt, farbige Frauen angemessen zu repräsentieren. Wir bereuen die Kränkung, die es verursacht hat." Screenshot (facebook.com/naythemua) Bei Dove hat man ohnehin Erfahrung mit Fettnäpfchen: Die ungewöhnlichen Werbekampagnen der Marke funktionieren nicht immer. So wie diese: Drei Frauen unterschiedlicher Hautfarbe stehen dabei nebeneinander. Kritiker sagen, dass hier der Eindruck erweckt wird, dass man mit Dove Schritt für Schritt einen helleren Hautton bekommt. Model Kendall Jenner und der US-Getränkekonzern Pepsi zogen mit einem Werbespot im Frühling 2017 ebenfalls Zorn auf sich: An die "Black Lives Matter"-Bürgerrechtsproteste in den USA angelehnt nimmt die (Weiße) Jenner in dem Spot spontan an einer Demonstration teil - nachdem sie sich eine blonde Perücke vom Kopf reißt und einer schwarzen Frau zuwirft. Um den Polizisten zu beschwichtigen, reicht sie ihm eine Dose Pepsi; auch diese Szene erinnert an ein Ereignis der "Black Lives Matter"-Kundgebungen, als eine junge, unbewaffnete (schwarze) Frau Polizisten entgegentrat. Sie wurde, im Gegensatz zu Jenner, verhaftet. Für den ziemlich dumpfen Spot erntete Jenner persönlich viel Kritik. Ihrer Familie, dem Kardashian-Jenner-Fernsehclan, wird häufig vorgeworfen, schwarze Kultur zu entfremden. Das Model äußerte sich im September 2017 zu der Werbung: Sie habe sich zu sehr auf die Entscheidungen anderer Leute verlassen und nicht nachgefragt, sagte sie. Screenshot (youtube.com) Eigentlich setzt sich Schauspielerin Emma Watson etwa als UNO-Botschafterin für die "He for She"-Kampagne zur Gleichberechtigung von Frauen ein. Doch auch sie wurde schon als "falsche Feministin" und sogar Rassistin bezeichnet. Der Grund: eine Werbung aus dem Jahr 2013 für das Beautyunternehmen Lancôme. In Asien hat sie nämlich für eine hautaufhellende Serie des Beautyunternehmens Werbung gemacht. Watson selbst äußert sich nicht dazu, ihr Sprecher erklärte aber, er könne nicht über vergangene Verträge Auskunft geben. Aber Watson "macht keine Werbung für Beautyprodukte mehr, die nicht immer die diverse Schönheit von allen Frauen zeigt". Kontroversen um Rassismus in der Modewelt gibt es immer wieder. Ob es sich bei dieser Produktbezeichnung um einen Übersetzungsfehler handelte oder ob man sich bei Dolce & Gabbana wirklich nichts dabei dachte, ist fraglich: Jedenfalls waren Sandalen im US-Olineshop des Labels als "Sklaven-Sandalen" ausgezeichnet. Wie Footwear News berichtet, ist "Slave" eine veraltete Bezeichnung für Schnürschuhe. Heutzutage sagt man fast ausschließlich "Gladiatorsandalen" dazu. Es ist nicht das erste Mal, dass Dolce & Gabbana mit ihrer Kollektion für Aufregung sorgen, 2012 gab es herbe Kritik an ihren Ohrringen. Damals ließen sie sich von sizilianischen "Mohrenstatuetten" inspirieren. (c) Reuters (STEFANO RELLANDINI) Herbe Kritik musste auch schon die spanische Textilkette Zara einstecken. Der Grund: Im Onlineshop wurden ebenfalls dreifarbige "Sklavensandalen" zum Kauf angeboten. Nach entrüsteten Kunden und Usern auf Social Media wurde der Schuh aus dem Onlineshop entfernt. Zara Deutschland erklärte unterdessen Spiegel Online in einer Stellungnahme gleich wie bei Dolce & Gabbana, dass es sich um einen Übersetzungsfehler handle. In manchen Ländern ist der Begriff "slave sandals" oder "sandalias esclavas" geläufig. Es ist auch für dieses Unternehmen nicht das erste Mal, dass man sich im Ton vergriffen hat. Ein Shirt mit Stern sorgte davor für Aufregung. Viele Kritiker erinnerte es an die Uniformen von KZ-Häftlingen, für Zara sollte es ein "Sheriff"-Kostüm darstellen. Twitter/@g_vau Ähnliche Probleme hatte auch Mango schon. Im Web wurde dem Unternehmen im Vorjahr vorgeworfen, Blusen mit SS-Motiv zu verkaufen. Tatsächlich ist im Onlineshop jedoch von einer Bluse mit Blitzmotiv die Rede. Mango Zwei S-Runen ("Siegrunen") waren im Dritten Reich Symbol der Schutzstaffel. Die einfache Siegrune war das Emblem des Deutschen Jungvolks in der Hitler-Jugend. Im Netz wurde von der "Eva-Braun-Kollektion" gesprochen, andere wiederum fühlten sich mehr an die blitzförmige Narbe von Harry Potter erinnert. Mango Aber nicht nur Textilketten wurde schon Rassismus vorgeworfen. Für starke Kritik sorgte etwa der indianische Kopfschmuck, den die Models bei der Chanel Metier d'Arts Show 2013 in Dallas trugen. Instagram/@asvz14 Charlotte Casiraghi, die sich 2012 bei einem Reitturnier in ein Indianerkostüm schmiss, ging es da nicht anders. Sie wurde aufgrund ihrer Outfitwahl als "ignorant" und "rassistisch" bezeichnet, wie die Huffington Post berichtet. (c) REUTERS (© Benoit Tessier / Reuters) Das Outfit, das Model Karlie Kloss bei der Victoria's Secret Show 2012 trug, wurde auch stark kritisiert. Konkret ging es dabei um die Sexualisierung der amerikanischen Ureinwohnerinnen. "Das ist nicht lustig, das ist kein Fantasie-Charakter. Hier geht es um unsere Kulturen, unsere Körper und unsere Leben. Ureinwohner fordern und verdienen weit mehr Respekt als das", schreibt die Gemeinschaft auf ihrer Website. Instagram/@styledotcommarina Der Dessoushersteller ruderte damals zurück und entschuldigte sich bei den Ureinwohnern. "Wir entschuldigen uns aufrichtig, wir hatten nicht die Absicht jemanden zu verletzen. Aus Respekt werden wir das Outfit weder im Fernsehen, noch in Marketing-Materialien oder in irgendeiner anderen Art und Weise zeigen."Bereits zuvor wurde das Unternehmen wegen eines Geisha-Outfits kritisiert. Die Sexualisierung asiatischer Frauen wurde ebenso beanstandet wie die chinesische Kultur als Fetisch zu benutzen. Nach den Protesten wurde das Outfit vom Onlineshop entfernt. Victoria's Secret Auch die Bilder zur Frühjahrskampagne von Donna Karan schlugen vor einigen Jahren Wellen. Auf diesem ist Topmodel Adriana Lima deutlich im Vordergrund zu sehen, während zwei Haitianer im Hintergrund leicht verschreckt in die Kamera sehen. Donna Karan wurde Rassismus unterstellt. Nach Rassismus-Beschwerden von Facebook-Fans hat das Männermagazin FHM auf den Philippinen ein geplantes Titelfoto zurückgezogen. Auf dem Bild war eine hellhäutige Schauspielerin in Pink zwischen dunkelhäutigen Models in Schwarz zu sehen. Die Bildunterschrift lautete: "aus dem Schatten treten". FHM Bilder wie diese rufen immer wieder Kritiker auf den Plan. So auch das Bild von Prada, auf dem ebenfalls ein dunkelhäutiges Model im Hintergrund zu sehen ist, während die beiden weißen Models viel deutlicher im Vordergrund gezeigt werden. Auch dieses Cover der amerikanischen Vogue mit Model Gisele Bündchen und Sportler Lebron James wurde auf Grund der stereotypen Darstellung stark kritisiert, zumal das Bild stark an King Kong erinnert. Mit dem Slogan "PlayStation Portable. White is coming" wurde die Spielkonsole in der Farbe Weiß beworben. John Galliano kosteten seine antisemitischen Beschimpfungen seinen Job bei Dior und seinem eigenen Modelabel. (c) REUTERS (� Benoit Tessier / Reuters) Parfümeur Jean-Paul Guerlain musste sich vor Gericht verantworten, als er sich im Fernsehen abfällig über Schwarze geäußert hatte. "Ausnahmsweise habe ich einmal wie ein Neger geschuftet. Ich weiß nicht, ob die Neger immer so gearbeitet haben, aber gut..." Er musste daraufhin 6000 Euro Strafe zahlen. (c) REUTERS (© Reuters Photographer / Reuters) (APA/dpa)
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