Starke Vorstellung: Künstlerinnen in Wien

(c) Carolina Frank
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Ist es ein Zeitzeichen, dass Künstlerinnen bei den wichtigen heimischen Kunstpreisen aktuell gut unterwegs sind? Wir finden: absolut! Und stellen vier von ihnen vor.

Sofie Thorsen

Sofie Thorsen
Sofie Thorsen(c) Carolina Frank

Sofie Thorsens Interesse gilt der Skulptur, die sie auf eigenwillige Weise zum Träger für Recherchen über Raum und Zeit macht. In meist raumgreifenden ­Installationen richtet sie ihr Augenmerk immer wieder auf flüchtige oder verschwundene Objekte als Platzhalter von Geschichte und Kultur. Dabei arbeitet die gebürtige Dänin, die seit vielen Jahren in Wien lebt, mit fragilen, zum Teil ephemeren Materialien. Kreide und Pigmente spielen dabei ebenso eine Rolle wie dünne Kartons, die sie bedruckt und dann als Cut-outs mittels Trägern und Gestängen in den Raum hängt oder über den Boden wirft. Bekanntheit erlangte Sofie Thorsen mit ihren „Play-Sculp­tures“, in denen sie das Phänomen der Spieleplastiken reflektierte, wie sie ab den 1950er-Jahren von der öffentlichen Hand bei Künstlern in Auftrag gegeben wurden. In ihren neuesten Arbeiten – die aktuell auch im Leopold-Museum ausgestellt sind  – beschäftigt sie sich mit dem brisanten Thema Raubkunst am Beispiel illegal ausgegrabener Objekte im Nordirak, die über Blogs oder Foren nur kurz an die Öffentlichkeit kamen. Satellitenbilder und Frottagen verweisen als Platzhalter und einzige Spuren auf ihr Verschwinden. Dass sie für ihre Arbeit nun mit dem mit 10.000 Euro dotierten „Dagmar Chobot Skulpturenpreis 2017“, gestiftet von der Wiener Galeristin und Skulpturenspezialistin Dagmar Chobot, prämiert wurde, hat Sofie Thorsen nicht nur riesig gefreut, sondern auch überrascht. „Damit kannst du nicht rechnen“, sagt sie. „Gerade wenn man oft nicht weiß, wo es hingeht, ist ein solcher Preis als grundsätzliche Wertschätzung wichtig – neben dem Geld, das für uns Künstler ebenfalls großartig ist.“

Leopold-Museum. „Spuren der Zeit“, bis 26. 2. 2018, www.leopoldmuseum.org

Olena Newkryta und Marlene Maier

Olena Newkryta und Marlene Maier
Olena Newkryta und Marlene Maier(c) Carolina Frank

Den gläsernen Ausstellungsraum der Kunsthalle am Karlsplatz kennt Olena Newkryta wie ihre Westentasche, ein Jahr lang hat sie dort als Aufsicht gearbeitet. Dass sie einmal selbst in der Kunsthalle ausstellen würde, hätte sich die junge Künstlerin allerdings nie träumen lassen. Nun ist der Fall doch eingetreten. Denn Olena Newkryta, die 1990 in der Ukraine geboren wurde, 2011 zum Studium nach Wien kam und an der Universität für angewandte Kunst Fotografie studierte, ist eine der beiden Preisträgerinnen des „Preises der Kunsthalle Wien 2017“.
Dotiert mit zweimal 3000 Euro versteht sich der Preis nicht nur als finanzielle, sondern auch institutionelle Starthilfe. 2002 in Kooperation mit der Angewandten ins Leben gerufen, wird er seit 2015 jährlich an je einen Absolventen oder eine Absolventin der Akademie der bildenden Künste und der Universität für angewandte Kunst vergeben, wobei die Auswahl durch zwei voneinander unabhängige Jurys erfolgt. Newkryta hat sich für eine mehrteilige Medieninstallation entschieden, in der sie die Bilder mittels Licht und Apparaten gleichsam dekonstruiert.
Mit Medien arbeitet auch Marlene Maier, die Preisträgerin der Akademie, die in der „Kunst und Medien“-Klasse von Constanze Ruhm studierte. Ihr Ausgangsinteresse ist ein dokumentarisches, das sie fiktional überformt. Dafür arbeitet sie mit Videos, Bildern und Fotografien aus dem unendlichen Pool des Internets. In ihrer Dreikanal-Videoinstallation „Food only exists on pictures“ erzählt sie von drei Figuren, die sich auf unterschiedliche Weise an den Rändern des Sichtbaren bewegen.

Kunsthalle Wien. „Marlene Maier & Olena Newkryta“, bis 14. 1. 2018, www.kunsthallewien.at

Kerstin von Gabain

Kerstin von Gabain
Kerstin von Gabain(c) Carolina Frank

Kerstin von Gabain untersucht in ihren in unterschiedlichsten Medien ausgeführten Arbeiten Mechanismen und Verhältnisse von Wahrnehmung und Repräsentation. Ein aufgebocktes Puppenhaus etwa, das inmitten ihres Ateliers aufgestellt ist, fungiert als Miniaturgalerie für eine Gruppenausstellung, zu der sie 50 Künstlerkollegen eingeladen hatte; trotz ihres kleinen Maßstabs spiegelten die mit der Vorbereitung verbundenen Maßnahmen die realen Mechanismen und Dynamiken des Kunstbetriebs wider. Ein andermal wiederum arbeitet sie mit leuchtend bunten Podesten zur Präsentation von Wachsobjekten, Abgüssen von Knochen, Früchten oder Konsumobjekten. In der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste schließlich inszenierte sie im Frühjahr 2017 mit ihrer Installation „Symposium on the dark ages“ einen Dialog mit Hieronymus Boschs berühmtem „Weltgerichtstriptychon“. Sorgfältig auf drei rosafarbenen Tischen aufgelegte Wachsobjekte, die in ihrer Präzision an anatomische Fragmente erinnern, stoßen einen Vergleich mit Details des Renaissance-Meisterwerks an, ohne doch verbindliche Antworten bereitzustellen. Nun wurde Kerstin von Gabain für diese – ihre bisher größte – Arbeit mit dem begehrten „Kardinal König Kunstpreis“ ausgezeichnet. 23 in Österreich lebende Künstlerinnen und Künstler unter 40 wurden für diesen Preis, der seit 2007 von Salzburg aus im Zweijahresrhythmus vergeben wird und mit 11.000 Euro dotiert ist, nominiert. Dass ihre Arbeit nun im spirituellen Kontext des modernen Kunstraums St. Virgil präsentiert wird, hat für Kerstin von Gabain „Schlüssigkeit“ – wird der Dialog damit doch in den Kreislauf der Gegenwart eingeschleust.

Kunstraum St. Virgil. „Kardinal König Kunstpreis 2017. Nominierte Künstlerinnen und Künstler“, bis. 2. 2. 2018, www.kardinalkoenig-kunstpreis.at

Toni Schmale

Toni Schmale
Toni Schmale(c) Carolina Frank

Sie hat sich der Skulptur geradezu obsessiv verschrieben. Stahl, Edelstahl, Aluminium, Messing sowie Beton und verschiedene Kunstharze sind dabei Toni Schmales bevorzugte Materialien. Die kraftvollen Objekte, die sie daraus baut, formt und gießt, zitieren vermeintliche Funktionalitäten, die auf den ersten Blick an Fitnessgeräte denken lassen, auf den zweiten aber Gewalt, Brutalität und Tabus signalisieren – körperhafte ebenso wie politische. Anspielungsreiche Titel wie „streckbank martha“ (2014), „feuerbock“ (2015) oder „ach ach ach“ und „170 grad 400 grad“ (beide 2017) lassen Intensitäten anklingen, die sowohl auf der Ebene der Materialität als auch strukturell ein zentraler Teil der Arbeit sind. Ihrem technoiden Zeichenrepertoire ist die gebürtige Hamburgerin, die früher Profifußballerin in der deutschen Nationalmannschaft war und 2009 nach Wien kam, um an der Akademie der bildenden Künste zu studieren, von Anfang an treu geblieben. In ihren neuesten Skulpturen nehmen aber auch Kategorien wie Positionierung, Prozesshaftigkeit und der Dialog mit der Architektur zugunsten einer formalen Reduktion mehr und mehr Raum ein. Dass ihr nun der mit 11.000 Euro dotierte „Otto-Mauer-Preis“ zuer­kannt wurde, war für Schmale, die in diesem Jahr mit dem englischen „Baltic Artist’s Award 2017“ und dem österreichischen „BC21 Award“ bereits für zwei wichtige Preise nominiert worden war und im Herbst in der Secession ihre erste institutionelle Einzelausstellung hatte, eine totale Überraschung. „Nach dem Marathon dieses Jahres habe ich nicht damit gerechnet, dass ich den ,Otto-Mauer-Preis‘ erhalten würde. Umso mehr ist er für mich nun die Krönung.“

Jesuiten-Foyer. „Toni Schmale: the good enough mother“, 10. 12.–30. 1. 2018, www.otto-mauer-preis.at

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