Verkehr: Schnellstraße in der Zielgeraden

In zehn Monaten wird der erste Teil der Außenring-Schnellstraße S 1 eröffnet, die die Tangente entlasten soll. Doch noch rollen die Bagger: Ein Lokalaugenschein.

WIEN. "Neben dem Sandhaufen rechts" sei es, das Gebäude der Bauleitung, hatte es geheißen - "leicht zu finden". Fürwahr: Der Sandhaufen ist höher als die dreistöckigen Gebäude nebenan. "20.000 Kubikmeter", sagt Projektleiter Gerald Stöckl, "im Winter sind die Kinder schon gerodelt."

Tatsächlich scheint auf die Kartografen viel Arbeit zuzukommen: Hier ein frisch aufgeschütteter, 15 Meter hoher Hügel, dort ein noch imposanterer Berg - und alle paar Minuten entleert einer der fünf gelben Muldenkipper weitere 18 Kubikmeter Material. In der Ebene um Rannersdorf wirken die Hügel gleich doppelt so hoch.

Das Material - Sand, Schotter, Löss - stammt aus jenem langen "Kanal", in dem später zigtausende Autos pro Tag rollen werden. Denn um die Beeinträchtigungen für die Umwelt möglichst gering zu halten, verläuft ein Teil der Trasse in Tunnels bzw. in mehrere Meter tiefen Einschnitten zwischen den Feldern und Wohnhäusern.

"Außenring-Schnellstraße" wird der 16,2 Kilometer lange Wurm heißen, auch schlicht S 1 genannt: Sie beginnt (als Fortsetzung der Außenring-Autobahn A 21) beim Knoten Vösendorf, windet sich an der südlichen Stadtgrenze Wiens entlang und mündet östlich von Schwechat in die A 4, die Ostautobahn (siehe Grafik).

Genau jener vier Kilometer lange Teil - zwischen der A 4 und dem Knoten Schwechat-Süd - wird bereits im Februar kommenden Jahres eröffnet: "Damit wird Schwechat von einem Großteil des Schwerverkehrs entlastet", sagt Projektleiter Stöckl. Ab Sommer 2006 wird man dann die gesamte Strecke von der Süd- bis zur Ostautobahn auf der neuen Schnellstraße fahren können. Dadurch soll vor allem die Südost-Tangente (A 23) entlastet werden. Etwa 415 Millionen Euro fließen in den Bau der S 1: Je zwei Spuren pro Richtung (und ein Pannenstreifen) sind geplant.

Derzeit sind alle "Kunstbauten" - fünf Tunnel, neun Straßen-, fünf Güterweg- und sechs Grünbrücken sowie eine über die Ostbahn - in Bau, einige sind bereits vollendet. Auch der Tunnel Rannersdorf, mit 1940 Metern das längste Teilstück unter der Oberfläche, ist zu einem Viertel fertig: Dort wird ein neun Meter tiefer Einschnitt gegraben, dann wird eine bis zu zwei Meter dicke Decke betoniert, auf der später die Straße verläuft. Warum so dick? "Um zu verhindern, dass die Autobahn durch das Grundwasser nach oben gedrückt wird", erzählt Stöckl.

Dann kommt ein Schalwagen, der die Seitenwände und die Decke errichtet: 15 Meter schafft das riesige Gefährt pro Tag, derzeit steht es wenige Meter von mehreren angrenzenden Wohnhäusern entfernt. Auch zwei weitere Schalwagen sind im Einsatz. Im August sollen die schlimmsten Belästigungen im Hinblick auf Lärm und Staub für die Anrainer vorbei sein, verspricht die Bauleitung. Dann soll über der Schnellstraße ein kleiner Park entstehen.

Auf den Böschungen neben den Fahrbahnen wurde bereits Gras gesät, im Herbst sollen sie mit Sträuchern bepflanzt werden. Und auch die Tiere scheinen sich für die Baustelle zu interessieren: Hasen und Rehe sind auf dem Gelände unterwegs, im Winter wurden sogar Spuren von Wildschweinen gesichtet. Was die Ökologen besonders freut: Die Spuren waren auf den Grünbrücken, die die Lebensräume der Tiere über die Autobahn hinweg verbinden.

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